Dienstag, 29. April 2014

Von Karate und Spießern (Teil I)

Heute im Interview: Fanny Lechner, 73 Jahre, Rentnerin aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“

Frau Lechner, für Ihr Alter sind Sie ziemlich aktiv und unternehmungslustig. Wie schaffen Sie das?

Was heißt da „Alter“? Dreiundsiebzig ist doch kein hohes Alter. Fragen Sie mich das in zwanzig Jahren noch einmal. Vielleicht kann ich Ihnen dann eine Antwort darauf geben. Im Moment kann ich nur sagen, dass ich nichts „schaffen“ muss, sondern in der glücklichen Lage bin, nur das machen zu können, was mir Spaß macht.

Zum Beispiel?

Seit etwa zwanzig Jahren mache ich zum Beispiel mit großer Leidenschaft Karate. Sehr zum Leidwesen meiner Familie.

Warum? Das klingt doch spannend.

Meiner Tochter Traudl ist es offensichtlich ein wenig zu spannend. Sie wollte mich in den ersten Jahren immer davon überzeugen, dass dieser Sport viel zu anstrengend und zu gefährlich sei für eine Frau „in meinem Alter“. Und da war ich noch um einiges jünger. Das Alter ist für mich kein Argument, irgendetwas anders zu machen als mein Bauchgefühl es mir vorgibt.

Sie trainieren also weiter?

Selbstverständlich. Ich habe ja schließlich erst den grünen Gürtel und will natürlich irgendwann den schwarzen schaffen. Und da lasse ich mich gar nicht unter Druck setzen. Ich habe die jeweiligen Prüfungen immer erst gemacht, wenn ich mich wirklich dazu in der Lage fühlte. Ich habe Zeit.

Ein gutes Stichwort. Womit verbringen Sie, als Rentnerin, diese Zeit? Lesen, zeichnen oder stricken Sie?

Nein, derartige Zeitvertreibe sind mir ein bißchen zu eintönig. Zwar lese ich gern auch mal das eine oder andere Buch, aber meine Hauptbeschäftigungen haben eher mit Menschen zu tun. Meine beiden Enkelinnen und meine Urenkelin Clara brauchen immer wieder ein offenes Ohr für ihre Probleme. Vor allem meine Enkelin Emma hatte in letzter Zeit des öfteren Liebeskummer, bei dem ich ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Bei Lisa dagegen bin ich eher als Babysitter gefragt, was mir auch jedesmal eine große Freude bereitet. Clara ist ein so begeisterungsfähiges und aufgewecktes Mädchen.

Fortsetzung folgt...

Freitag, 25. April 2014

Von Perfektionismus und Kompromissen (Teil III)

Weiterhin im Interview: Henning Merker, 37 Jahre, Oberarzt aus München und Nebenfigur des Romans "Verliebt und zugenäht!" (Teil II des Interviews vorgestern)

Hat sie einen Fachmann ins Boot geholt, um Sie besser überzeugen zu können?

Nein. Das Ganze ist noch viel komischer gelaufen. Den Fachmann habe ich ins Boot geholt, weil ich als Feind halber Sachen die Anlage unseres Garten auf keinen Fall dem Zufall überlassen wollte. Eigentlich hätte ich den Geschmack meines Freundes Willi schon vorher einschätzen können müssen. Aber ich dachte, als Landschaftsarchitekt würde er eine eher architektonische Sichtweise auf die Dinge haben. Wie ich. Ich bin ein Freund von Symmetrien und geometrischer Ordnung. So sieht auch unser Haus aus. Damals beim Bau widersprach mir meine Frau noch nicht so entschieden wie heute. Sonst wären wir wahrscheinlich immer noch nicht über den Rohbau hinausgekommen.

Und inzwischen läßt sich Ihre Frau also nicht mehr von den Ideen ihres Mannes überrumpeln?

So könnte man es ausdrücken. Und mit Willis Unterstützung schafft sie es ganz gut, sich durchzusetzen. Die beiden sind eher für eine natürliche, also, wie ich finde, ziemlich chaotische Gartenanlage.

Dann kann es wohl passieren, dass Sie sich in Zukunft in einem Meer von wilden Pflanzen wiederfinden werden?

Da sei Gott vor. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich wehre mich standhaft. Aber inzwischen hat Willi auch schon meine kleine Tochter Clara auf seine Seite gezogen. Die versucht nun auch schon, mich davon zu überzeugen, dass ich den armen Tierchen nicht ihren Lebensraum nehmen darf und dass eine naturnahe Gartenanlage viel schöner und gesünder ist. Da kann sie sehr überzeugend sein. Und ich kann ihr ohnehin nur schwer einen Wunsch abschlagen.

Da ist die weibliche Übermacht in der Familie wohl im Vorteil?

Tja, meine Frauen haben tatsächlich sehr wirksame weibliche Waffen, mit denen sie kämpfen. Dem kann ich mich nur sehr schwer erwehren. Andererseits will ich natürlich auch, dass Lisa und Clara sich wohlfühlen. Es ist ja schließlich nicht nur mein Garten, um den es geht. Da muss ich mich vielleicht auch einmal im demokratischen Sinn der Mehrheitsmeinung beugen.

Was für ein schönes Schlusswort. Ich danke Ihnen für dieses Gespräch, Herr Merker.

Mittwoch, 23. April 2014

Von Perfektionismus und Kompromissen (Teil II)

Weiterhin im Interview: Henning Merker, 37 Jahre, Oberarzt aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“ (Teil I des Interviews vorgestern)

Heißt das, Sie sind nicht nur beruflich sondern auch im Privatleben ein Perfektionist?

Selbstverständlich. Ein solcher Charakterzug läßt sich leider nicht so einfach abstreifen wie ein Kleidungsstück. Wenn man ihn hat, hat man ihn immer, ob man will oder nicht. Bei der Organisation unserer Hochzeit, beim Bau unseres Hauses, bei der Erziehung unserer Tochter – kurz gesagt, in allen Bereichen unseres gemeinsamen Lebens geraten meine Frau und ich deshalb immer wieder aneinander.

Und wie lösen Sie derartige Konflikte? Machen Sie Kompromisse?

Kompromisse sind für einen Perfektionisten wie mich sozusagen so etwas wie die Höchststrafe. Damit kann ich nur sehr schlecht umgehen. Deshalb habe ich in manchen Bereichen unseres Lebens meiner Frau das Regiment übergeben und versuche, mich möglichst wenig einzumischen. Leider klappt das nicht bei allem.

Wo zum Beispiel nicht?

Nun, unser momentaner Streitpunkt ist die Konzipierung unseres Gartens, die wir bisher immer vor uns her geschoben haben. Da ist es jetzt an der Zeit, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Denn auch eine wenig zufriedenstellende Interimslösung ist mir ein Dorn im Auge.

Und welche Lösung des Problems zeichnet sich ab?

Tja, meine Frau hätte gern einen romantischen, naturnahen Garten mit möglichst vielen verschiedenen Pflanzen und Formen. Ich bin eher für eine übersichtliche, saubere Lösung, die nicht zuviel Arbeit macht und klare Linien und Flächen vorsieht. Zu meinem Leidwesen hat Lisa bei ihrer Sichtweise jetzt Unterstützung von einem befreundeten Landschaftsarchitekten bekommen.

Fortsetzung folgt...

Montag, 21. April 2014

Von Perfektionismus und Kompromissen (Teil I)

Heute im Interview: Henning Merker, 37 Jahre, Oberarzt aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“

Herr Merker, für einen Oberarzt sind Sie relativ jung. Hatten Sie gute Beziehungen oder haben Sie Ihre Karriere einzig und allein Ihrem unermüdlichen Fleiß zu verdanken?

Was für ein schreckliches Vorurteil, dass man als Arzt heutzutage nur noch mit Beziehungen Karriere machen kann! Tatsächlich hatte ich keinerlei engere Kontakte zu meinen Vorgesetzten oder deren Verwandten. Allerdings mache ich alles, was ich mache, lieber richtig und genau als halb. So natürlich auch mein Medizinstudium und die danach folgenden ersten Jahre als Arzt im Harlachinger Krankenhaus.

Also haben Sie einen gesunden Ehrgeiz oder vielleicht sogar einen eher ungesunden?

Mit Ehrgeiz hat das überhaupt nichts zu tun. Tatsächlich war ich auch in der Schule nie besonders ehrgeizig. Aber mein Hang zu Genauigkeit und Präzision führte damals schon dazu, dass ich einen recht großen Perfektionismus an den Tag gelegt habe. Und mit diesem Wesenszug hat man keine andere Chance als alles bis zum letzten Detail ausführlich und akribisch zu erarbeiten und dann auch so darzulegen. Mit halben Sachen konnte ich mich noch nie anfreunden.

Kann man sagen, dass Sie einer Art innerem Drang folgen, den Sie selbst gar nicht steuern können?

Das kann man so sagen. Tatsächlich habe ich mir das nicht ausgesucht, dass ich so bin. Meine Frau Lisa verzweifelt manchmal regelrecht an meinem Perfektionismus. Der kann nämlich für meine Umwelt auch mal unangenehm werden.

Fortsetzung folgt...

Samstag, 12. April 2014

Von Tante Emma und dem Zauberer (Teil III)

Weiterhin im Interview: Clara Merker, 5 Jahre, Kindergartenkind aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“ (Teil II des Interviews vorgestern)

Aha. Und kann der Willi auch noch etwas anderes als Zaubern?

Klar. Der Willi kann... auch noch... also... so Blumen... und Wiese... und Bäume... und so machen...

Aber das ist ja wie Zaubern. Wie macht er denn das?

Also... er... er... er zaubert die nicht. Die sind schon da. Die wachsen ja so... irgendwie... aber der Willi sagt denen, wo sie wachsen sollen. Und dann machen die das... irgendwie...

Spricht denn der Willi die Blumen- und die Baumsprache?

Ich weiß nicht. Aber die Blumen und Bäume machen irgendwie das, was der Willi will. Meine Mama sagt immer, dass der das viel besser kann als sie. Und dass die Blumen und Bäume beim Willi... also... dass die viel schöner sind... und größer... und so... Aber so richtig weiß ich auch nicht, wie der Willi das macht. Das frag ich ihn beim nächsten Mal. Soll ich dir dann sagen, wie er es macht?

Das wäre toll. Ich danke dir, Clara, dass du so geduldig mit mir gesprochen hast.

Donnerstag, 10. April 2014

Von Tante Emma und dem Zauberer (Teil II)

Weiterhin im Interview: Clara Merker, 5 Jahre, Kindergartenkind aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“ (Teil I des Interviews am Sonntag)

Und was macht ihr dann, wenn ihr verkleidet seid?

Dann... dann... dann... Wir spielen... also... so zu gehen wie eine ganz feine Dame. Und dann reden wir auch so wie eine feine Dame. Manchmal schminken wir uns sogar. Und zwar so richtig. Nicht mit Kinderschminke, sondern mit ganz echtem Lippenstift und so...

Und ihre Schminksachen gibt dir deine Tante so einfach?

Na, klar. Tante Emma sagt immer, dass sie das ganze Zeug sowieso nie benutzt. Weil sie... weil sie viel lieber ohne Schminke rumläuft. Wenn ich mal groß bin, will ich mich immer schminken. Auch am Wochenende... oder in den Ferien. Das sieht einfach schöner aus.

Und den Willi, den kennst du doch auch, oder?

Jaaa, der ist lustig. Der ist mein Freund.

Und warum ist der lustig?

Der Willi kann... also der Willi kann... zaubern. So richtig. Wie ein echter Zauberer. Wie beim „Räuber Hotzenplotz“. Und der Willi... der wundert sich immer selber, wenn er was weggezaubert hat. Dann... dann... dann... macht er so ein komisches Gesicht... so... so ... so ganz ernst. Und dann überlegt er ganz lange, wo das ist, was er weggezaubert hat. Und dann sucht er... überall sucht er, wo das sein könnte...

Kann er es denn nicht einfach wieder herzaubern?

Dooooch. Der Willi kann alles zaubern. Aber erst muss er irgendwie... er muss erst lange suchen. Jedenfalls macht er das immer. Und dann kann er es erst wieder herzaubern. Das geht nicht so einfach.

Fortsetzung folgt...

Sonntag, 6. April 2014

Von Tante Emma und dem Zauberer (Teil I)

Heute im Interview: Clara Merker, 5 Jahre, Kindergartenkind aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“

So, Clara, jetzt erzähl mir doch mal was über deine Tante Emma.

Okay. Also... die Tante Emma... also, die will immer nicht, dass ich „Tante Emma“ zu ihr sage. Immer, wenn ich das sage, sagt sie „nenn mich nicht so“. Aber sie ist doch meine Tante Emma.

Weißt du, warum sie das nicht mag, wenn du sie so nennst?

Sie sagt immer, das macht sie so alt. Und dann sagt sie, das verstehe ich noch nicht. Und dann sagt sie meistens nichts mehr.

Und? Hast du aufgehört, sie „Tante Emma“ zu nennen?

Nee, ich sage immer noch „Tante Emma“ zu ihr. Sie ist ja auch meine Tante Emma. Ich kann... ich kann... ja nicht „Tante Christa“ zu ihr sagen. Sie heißt ja nicht „Christa“. Meine Freundin Leonie... also, die hat eine Tante Christa. Zu der kann sie ja auch nicht einfach „Tante Emma“ sagen. Wenn sie doch gar nicht „Emma“ heißt.

Da hast du recht. Was magst du denn an deiner Tante Emma am liebsten?

Dass sie mir immer was vorliest. Und dass... und dass... wenn ich bei Tante Emma bin, dann spielen wir manchmal Verkleiden. Tante Emma hat ganz tolle... so... tolle Stoffstücke und so Bänder. In allen Farben. Und mit Blumen drauf und mit Streifen und mit Punkten und... und... und...

Und damit darfst du dich dann verkleiden?
Jaaa. Und Tante Emma verkleidet sich sogar manchmal auch. Die hat ganz tolle, schicke Kleider in ihrem Schrank. Damit sieht sie ganz anders aus also sonst. Wie eine richtige Dame...

Fortsetzung folgt...

Mittwoch, 2. April 2014

Von Karriere und dem Umgang mit Frauen (Teil III)

Weiterhin im Interview: Daniel Bellmann, 29 Jahre, Regieassistent aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“ (Teil II des Interviews am Sonntag)

Also ist er ein guter Chef?

Aber sowas von. Er ist einfach super. Locker, witzig, durchorganisiert, systematisch, gut vorbereitet. Wenn ich seine Art, Regie zu führen, nicht mögen würde, würde ich nicht seit drei Jahren nur noch mit ihm arbeiten. Und was das angeht, kann ich wirklich viel von ihm lernen.

Möchten Sie auch Regisseur werden?

Die meisten Regieassistenten wollen das. Ich natürlich auch. Ich weiß aber auch, dass es viele gibt, die es nicht schaffen. Ich würde also auch damit klar kommen, wenn es bei mir nicht klappt. Gute Regieassistenten werden immer gesucht. Damit kann ich mich auf jeden Fall über Wasser halten. Ich bin da nicht so ehrgeizig. Jedenfalls nicht so, dass ich dafür alles andere aufgeben würde. Wenn es klappt, ist es schön. Wenn nicht, dann nicht.

Was meinen Sie mit „alles aufgeben“?

Die Filmbranche ist manchmal etwas komisch. Um wirklich Karriere zu machen, musste sich schon so mancher total verbiegen oder auch verleugnen. Das gilt für Schauspieler und auch Regisseure. Darauf habe ich keine Lust. Wenn man das von mir verlangt, verzichte ich lieber auf den Job.

Ich danke Ihnen für dieses Gespräch, Herr Bellmann.