Montag, 24. August 2015

Aus dem Leben eines Schreibenichts (5)

Eigentlich wünscht man sich als Schriftsteller nichts mehr als ein gesteigertes Interesse an den eigenen Ideen und Geschichten. Was wären wir schließlich ohne unsere Leser, die natürlich ein solches Interesse mitbringen sollten? Aufmerksamkeit verschiedenster Art ist also ein ganz wichtiger Bestandteil des Schriftsteller-Daseins.
Zumindest wenn man einen Roman oder irgendeine andere Art von Geschichte fertig geschrieben hat und mit dem Endergebnis zufrieden ist. Immerhin hat schon so mancher Autor wer-weiß-was angestellt, um das öffentliche Interesse auf sein Werk zu lenken. Und nicht unbedingt jede Art, Aufmerksamkeit zu erregen, ist auch frei von Peinlichkeiten oder ähnlichem. Egal. Das soll hier nicht das Thema sein.
Was passiert aber, wenn einem als Schriftsteller eine irgendwie geartete Aufmerksamkeit schon zuteilwird, wenn man noch kein Werk vollendet, ja noch nicht einmal angefangen hat? Was tun, wenn der eigene Agent, Verlag oder vergleichbare Stellen interessiert nach neuen Ideen oder gar nach den ersten Seiten beziehungsweise Kapiteln fragen?
Dann ist auf einmal die sonst so gern gesehene Aufmerksamkeit gar nicht mehr so angenehm. Dann muss man entweder vertrösten oder eben liefern. Und beides kann ganz schön unangenehm werden, wenn man nicht total abgebrüht oder eine Art Ideenmaschine ist. Und welcher Schreibende ist das schon?
Im Gegenteil. Ist es für einen kreativ Arbeitenden nicht sogar total kontraproduktiv, von äußeren Einflüssen komplett unbeeindruckt und auf Knopfdruck parat zu sein? Oder ist das am Ende nur eine beliebte Ausrede von uns Künstlern, mit der wir unser Unvermögen kaschieren wollen?
Vermutlich kommt da von allem ein bisschen zusammen. Manchmal ist es wichtig, sich nicht von Forderungen blockieren zu lassen. Und manchmal geht es ohne diese Forderungen nur halb so gut. Wahrscheinlich hängt das einfach vom Typ des jeweiligen Schriftstellers ab. Denn da gibt es durchaus ziemlich unterschiedliche…

Donnerstag, 13. August 2015

Aus dem Leben eines Schreibenichts (4)

Eigentlich könnte man meinen, dass bei einem Schriftsteller, der gerade nicht an einem neuen Werk arbeitet (ja, so etwas gibt es durchaus), die Ideen nur so sprudeln würden. Immerhin braucht er sein Gehirn dann nicht für die Schaffung einer Geschichte oder die Konzeption einer Figur. Vielleicht hat er sogar noch einen nicht besonders kreativen anderen Job, der ihm in punkto Schöpfertum viel Freiraum lässt.
Ein Schriftsteller, der gerade nicht schreibt, müsste sich also vor neuen Einfällen kaum retten können. Leider ist das aber nicht unbedingt so. Zumindest bei mir nicht. Wenn ich nicht schreibe, habe ich auch deutlich weniger Ideen als wenn ich an einer Geschichte arbeite. Viele Ideen kommen erst beim Schreiben. Wenn der Anfang gemacht ist, ergibt sich oft aus dem Geschriebenen das Folgende und so weiter.
Zu Beginn meiner Autorenlaufbahn war ich der Meinung, ich könnte erst mit dem Schreiben beginnen, wenn sich die Ideen in meinem Kopf zu einem zusammenhängenden Ganzen formiert hatten. Doch schon nach kurzer Zeit merkte ich, dass Schreiben so nicht funktioniert – zumindest bei mir nicht. Meistens ergibt sich erst beim Schreibvorgang die aus den Ereignissen resultierende Geschichte. Fast so als würde man sie in Echtzeit erleben.
Die Nicht-Schreib-Phase eines Schriftstellers wird also oft nicht von den Ideen, sondern vom Schreiben an sich beendet. In den Phasen des Nicht-Schreibens sind die Ideen nämlich meist äußerst rar. Beginnt man jedoch einfach mal mit dem Aufschreiben eines ersten Gedankens, sprudeln die Einfälle oft als hätten sie nur auf diesen Startschuss gewartet.
Man sollte sich also als Schreibenichts auf keinen Fall vom Ausbleiben neuer Ideen ins Bockshorn jagen lassen. Lieber einfach mal hinsetzen und mit einem Gedanken – und sei er auch noch so klein – anfangen. Oft ist man dann überrascht, wie schnell aus einem kleinen Gedanken ein zweiter und noch einer und schließlich eine ganze Geschichte wird…

Mittwoch, 5. August 2015

Aus dem Leben eines Schreibenichts (3)

Nicht nur die alten Bekannten, die bereits existierenden Protagonisten können einen Schriftsteller nerven, wenn er gerade nicht an einem Werk arbeitet. Auch neue, noch nicht geschaffene Figuren spuken uns Autoren gerne im Kopf herum. Schließlich stellt sich immer wieder mal ein neuer Mitbewohner in meiner fiktionalen Wohngemeinschaft vor.
Was aber macht man als Autor, wenn man gerade keinen Sinn für Romane oder Geschichten hat und trotzdem die Idee einer Figur sozusagen an der Tür klingelt? Das Problem dabei ist, dass der Einzug eines neuen Protagonisten in der WG leider keine Sache von ein paar Stunden ist, sondern eine ausführliche Figurenkonzeption nach sich ziehen müsste, wenn er Sinn machen soll.
Natürlich kann man den ungebetenen Besucher einfach vor der Tür stehen lassen und nicht in die Wohnung bitten. Dann besteht allerdings die Gefahr, dass er entweder immer wieder klingelt und einen trotzdem nicht in Ruhe lässt oder dass er sich nie mehr meldet. In diesem Fall hätte man eine eventuell interessante Romanfigur leichtfertig abgewiesen und bei Bedarf dann auch nicht mehr zur Verfügung.
Also lieber ein wenig mit dem neuen Mitbewohner beschäftigt als zu schnell auf den neuen Kontakt verzichtet? Wahrscheinlich hängt der passende Umgang mit ungeladenen Gästen einfach von der konkreten Situation ab. Manchmal kann man sich einfach nicht länger mit neuen Romanfiguren abgeben, weil man zu viel anderes im Kopf hat. Doch sollte man sich als Schriftsteller dessen bewusst sein, dass die Idee einer Figur auch schnell wieder vergessen ist, wenn man sie nicht konsequent verfolgt.
Natürlich kann man einwenden, dass die guten und wirklich spannenden Protagonisten sich nicht so schnell abweisen lassen und sowieso immer wieder anklopfen. Und das so lange bis sie endlich in die Tat umgesetzt werden und ihre Geschichte erzählt wird. Doch wenn ich darüber nachdenke, wie viele Ideen ich in meiner Autorenlaufbahn schon hatte und aus mangelnder Zeit oder Muße nicht verfolgt und somit wieder vergessen habe, komme ich zu dem Schluss, dass sich eine kurze Auseinandersetzung mit einer neuen Figur eben auch in Phasen des Nicht-Schreibens durchaus lohnen kann. Zu sehr sollte man sich nicht darauf verlassen, dass der potentiell neue Mitbewohner die Geduld beweist, einem so lange auf die Nerven zu gehen bis man sich gnädig herablässt, ihn in die fiktionale Wohngemeinschaft aufzunehmen.   

Sonntag, 2. August 2015

Aus dem Leben eines Schreibenichts (2)

So komisch das klingt, das Nicht-Schreiben ist für einen Schriftsteller vermutlich schwieriger als das Schreiben. Zwar gibt es beim Schreiben so unangenehme Nebenerscheinungen wie Abgabefristen, Verlagsvorgaben und Ideenengpässe, doch das ist nichts gegen die Phasen, in denen kein Werk entsteht.
Nun gut, unmittelbar nach der Fertigstellung eines Romans ist es auch mal für eine gewisse Zeit ganz okay, außer ein paar E-Mails oder Notizen nichts zu schreiben. Wenn man mal von dem Loch absieht, in das man fallen kann, wenn ein längerer Schaffensprozess sein Ende gefunden hat. Doch was kommt danach? Wie geht es weiter?
Die interessierte Frage von Freunden oder Lesern „Und? Ist das nächste Buch schon in Arbeit?“ kann erheblichen Druck erzeugen oder den bereits vorhandenen Druck ungewollt verstärken. Ganz abgesehen davon, was passiert, wenn einem diese Frage von Agentur- oder Verlagsseite gestellt wird. Welcher Autor traut sich in einem solchen Fall schon, ganz unbefangen mit einem fröhlichen „Nein“ zu antworten?
Mir zumindest fällt die Coolness bei diesem Thema ziemlich schwer. Ganz abgesehen von dem schlechten Gewissen, das man sich selbst macht, wenn man seit längerem kein Werk mehr vollendet oder gar angefangen hat. Da hat man als untätiger Autor nur zwei Möglichkeiten: Entweder lügt man dem Fragenden ganz frech ins Gesicht, was bei einem fremden Leser einfacher sein dürfte als beim eigenen Lektor und was weitere, noch viel unangenehmere Fragen nach sich ziehen kann.
Oder man setzt sich ganz schnell auf seinen Hosenboden und fängt an zu schreiben, wofür man natürlich die entsprechenden Ideen und auch noch genügend Zeit braucht. Manchmal jedoch ist das die einfachste Variante, den ewigen Fragen nach dem nächsten Werk mit Gelassenheit begegnen zu können. Auch wenn es komisch klingt: Schreiben ist für einen Schriftsteller des Öfteren die Lösung aller oder zumindest der meisten Probleme…