Samstag, 12. März 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihrem Alter

Mit dem Alter von Hauptfiguren ist es so eine Sache. Glaubt man Experten aus der Buchbranche, so identifizieren sich Leser sehr häufig am ehesten mit Protagonisten ihres Alters. In der Kinder- und Jugendliteratur ist es in jedem Fall so. Bücher für Kinder ab zehn Jahre handeln meistens von Kindern in etwa diesem Alter. Geschichten für Jugendliche funktionieren dann natürlich nach einem ähnlichen Prinzip.
Das stellt kein großes Problem dar und ist vermutlich auch logisch. Da Kinder noch einen begrenzten Horizont und Erfahrungsschatz haben, können sie Sachverhalte am besten verstehen und nachvollziehen, die ihrer eigenen Lebenswirklichkeit entsprechen. Wir Autoren schreiben also ganz einfach Bücher über Zehnjährige für Zehnjährige und fertig. Die Problematiken und Themen richten sich also folgerichtig nach der Zielgruppe, die wir ansprechen wollen.
In der Erwachsenenwelt sieht es angeblich etwas anders aus. Hier sind offensichtlich Geschichten über junge und Erwachsene mittleren Alters besonders beliebt. Angeblich auch bei einer deutlich älteren Zielgruppe. Das erinnert mich an eine Verlagssitzung, der ich vor vielen Jahren als Praktikantin beiwohnen durfte. Damals hatte ich ein Manuskript über eine flotte Seniorin testgelesen und begutachtet. Die Geschichte war erfrischend und abwechslungsreich, ganz im Stil der gern verlegten Unterhaltungsliteratur, also zu empfehlen.
Trotzdem war die einhellige Meinung der Lektorenriege, dass man ein Buch über eine ältere Protagonistin nur schlecht verkaufen könne. An dieser Meinung hat sich wohl bis heute nicht viel geändert. Immer noch werden viel mehr Bücher über junge Menschen und ihre Erlebnisse verlegt als über ältere. Obwohl es doch bestimmt nicht wenig Leser unter den Senioren gibt.
Wonach richtet sich also das Alter einer Hauptfigur? Nach der Zielgruppe, nach dem Massengeschmack oder vielleicht doch nach der Thematik der Geschichte? Unterschiedliche Handlungen können nicht unbedingt von jeder Altersgruppe erlebt werden. Das Thema „Rente“ wird man wohl kaum einem Zwanzigjährigen andichten können und das Thema „erste Liebe“ eher selten einem Siebzigjährigen. Das Alter der Hauptfigur sollte sich also auf jedem Fall nach der Problematik und den Konflikten der Geschichte richten und nicht nur nach den Marketing-Vorstellungen der Buchbranche.

Dienstag, 1. März 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihrem Beruf

Die meisten Hauptfiguren haben vermutlich einen Beruf. Schließlich kommt man ohne einen solchen nicht besonders weit. Als Schriftsteller könnten wir uns zwar auch eine ideale Welt ohne Geldverdienen und alles, was damit zusammenhängt, ausdenken. Doch wenn wir unsere Geschichten auch nur im Entferntesten an die gegenwärtige Realität anlehnen, kommt unsere Hauptfigur um einen Beruf wohl kaum herum. Gesetzt den Fall, es handelt sich nicht um ein Kind.
Protagonisten brauchen also auch Berufe. Vor kurzem las ich, dass viele Autoren ihre Helden zu Schriftstellern machen. Der Gedanke liegt nahe, denn auf diesem Gebiet kennt man sich aus. Ob nun erfolgreicher oder gescheiterter Schriftsteller – die Gedanken und Gefühle der schreibenden Zunft sind uns Autoren bestens vertraut. Ganz zu schweigen von deren Möglichkeiten und Zwängen.
Trotzdem kann man natürlich nicht jede Hauptfigur zum Schriftsteller machen. Der Beruf eines Protagonisten ergibt sich natürlich nicht in erster Linie aus den Vorlieben des Verfassers, sondern aus der Geschichte oder dem Charakter der jeweiligen Figur. Vielleicht kann ein Roman nur in einem ganz bestimmten Milieu spielen, oder bestimmte Personen der Handlung können aufgrund ihrer Art nur gewisse Berufe ausüben. Ganz frei wählbar ist die Tätigkeit einer Romanfigur sicherlich nicht.
Manchmal ist sogar der Beruf der Hauptfigur das erste, was man als Autor von ihr weiß. Tatsächlich kann es passieren, dass sich die Idee für eine Geschichte aus einer ganz bestimmten Betätigung ergibt. Das einfachste Beispiel hierfür ist mit Sicherheit der Krimi, der natürlich auf jeden Fall einen oder mehrere Kommissare erfordert, oder wenigstens einen Polizisten, Detektiv oder ähnliches. Da hat man als Autor meistens kaum eine Wahl.
Die Berufe unserer Romanfiguren können sich aber auch durchaus als Problem erweisen. Kennen wir uns nämlich in ihnen nicht aus, müssen wir recherchieren. Und das kann bei Professionen, die einige Jahre irgendwie gearteter Ausbildung erfordern, ein hartes Stück Arbeit bedeuten. Aber schließlich hat niemand behauptet, dass das Schreiben von Büchern ein Kinderspiel wäre…