Donnerstag, 23. Februar 2017

Von Kinderhelden und verschiedenen Fabelwesen

Stoff für nicht wenige erfolgreiche Kinderbücher ist das Aufeinandertreffen von Fabelwesen und „normalen Menschen“. Meister Eder und sein Pumuckl sind dafür ein ebenso gutes Beispiel wie Herr Taschenbier und das Sams. Der Reiz der Geschichte besteht in diesen Fällen darin, dass die außergewöhnlichen Eigenschaften bzw. Fähigkeiten der Fabelwesen mit der realen Alltagswelt kollidieren.
Nur weil der Kobold Pumuckl für Fremde grundsätzlich unsichtbar ist, kommt der Schreinermeister Eder des Öfteren in Erklärungsnot, was seine Streiche betrifft. Und die Wunschpunkte des Sams bringen den sonst so schüchternen Herrn Taschenbier in Situationen, die in keinster Weise alltäglich genannt werden können.
Wichtig ist dabei, dass durch die Eigenwilligkeit der Figuren immer neue Konflikte entstehen. Die menschlichen Personen haben nur bedingt bis gar keinen Einfluss auf ihre übernatürlichen Mitbewohner. Und, was noch entscheidender ist, sie werden sie auch nicht mehr los.
Sowohl Eder als auch Taschenbier wollen zu Beginn der jeweiligen Geschichte nichts von den nervtötenden Wesen wissen. Doch in beiden Fällen ist es von der Natur sozusagen vorgegeben, dass sie in Zukunft untrennbar mit ihnen verbunden sind. Wer den Pumuckl sieht, muss ihn danach bei sich beherbergen. Und wer das Sams als solches erkennt, ebenfalls.
Durch diese Vorgaben werden Ausgangssituationen geschaffen, die in der Folge für ausreichend Konfliktstoff und unangenehme Situationen für die Protagonisten sorgen. Ein Ende der ungewöhnlichen Beziehung kann es zu Lebzeiten der beiden Herren also gar nicht geben. Und da Fabelwesen nicht altern, krank werden oder sonstigen Veränderungen unterliegen, gibt es kaum äußere Faktoren, die dazwischen kommen könnten.
Doch Eder und Taschenbier haben durchaus nicht nur Nachteile von ihren frechen Zeitgenossen. Beide profitieren auch immer wieder von ihnen. Vor allem helfen sie ihnen in schwierigen Situationen immer wieder aus der Patsche. In dieser Ambivalenz liegt ein weiterer Reiz dieser Paarungen. Vor allem auch deshalb, weil auch die Erwachsenen ihren vorwitzigen Fabelwesen hilfreich zur Seite stehen.
Für Kinder ist dieses beidseitige Aufeinander-Angewiesensein vermutlich ein sehr positiver Aspekt der Paare. Schließlich tut es gut, zu erfahren, dass auch die Kleinen mal Einfluss auf die Großen haben können, sei es fördernd oder auch bremsend.
Sicher gibt es noch viel mehr derartige bekannte Kinderbuch-Paare, aber die genannten erschienen mir besonders gute Beispiele dafür zu sein, wie sie funktionieren. Für weitere Nennungen bin ich jederzeit dankbar.

Freitag, 10. Februar 2017

Von Kinderhelden und ihren Tieren

Ein Beispiel für die Verrücktheiten aktueller Kinderbücher sind die in zunehmendem Maße vorkommenden Tiere. Pferdebücher gab es schon immer. Und sie waren vor allem bei Mädchen auch schon immer beliebt. Pippis „Herr Nilsson“ und ihr Pferd „Kleiner Onkel“ erblickten bereits in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Licht der Welt. Tiere in Kindergeschichten sind also nichts Neues.
In welcher Form sie allerdings in letzter Zeit die Kinderliteratur bevölkern, hat sich durchaus geändert. Denn nicht nur die menschlichen Helden sind ausgefallener als früher, sondern auch die tierischen. Oder zumindest die Beziehung zwischen beiden. Da gibt es eine „Schule der magischen Tiere“, in der die Tiere sprechen können. Auch Petersson hat einen sprechenden Kater namens Findus, mit dem er allerlei erlebt. Es gibt Liliane Susewind, die mit Tieren sprechen kann. Und es gibt Winston, die schlaueste Katze des Universums, die sogar selbst auf Verbrecherjagd geht.
Aber es kommt noch besser. Ein Meerschweinchen, in dem der Geist eines Kriminaloberkommissars wohnt, löst genauso Fälle wie die „Haferhorde“, die natürlich aus Pferden besteht. Realistisch war gestern. Heute ist alles, was unrealistisch ist, in. Zumindest in der Kinderliteratur.
Das führt natürlich dazu, dass ein Thema das andere überflügeln muss. War Benjamin Blümchen lange Zeit das einzige sprechende Tier in der Kinderunterhaltung, so gibt es inzwischen unzählige. Alles, was erfolgreich ist, wird mehrfach nachgemacht. Ein bisschen abgewandelt zwar, doch große Unterschiede gibt es oft nicht.
Die Frage ist nun, ob dieses Phänomen die Kinderliteratur schlechter oder besser macht. Sind Ähnlichkeiten vielleicht gar nicht so zu verdammen, weil die kleinen Leser oft das Vertraute am liebsten mögen? Oder leidet die Vielseitigkeit der Themen unter dem häufigen Nachahmen bereits erfolgreicher Geschichten? Und haben „normale“ Tiergeschichten bei den momentanen Gepflogenheiten der Branche überhaupt noch eine Chance?
Ist es wahr, dass Kinder in der Hauptsache ausgefallene Geschichten mögen? Oder finden sie es nicht ab und zu auch ganz gut, sich und ihre Lebenswirklichkeit in Büchern wiederzufinden und wiederzuerkennen? Fragen, über die es sich lohnt nachzudenken.