Mittwoch, 25. September 2013

Von den Mitbewohnern und ihrem Aussehen

Nachdem ich selbst lange in den verschiedensten Wohngemeinschaften gelebt habe, weiß ich sehr gut, wie es da tatsächlich zugeht. Das Auswahlverfahren neuer Mitbewohner habe ich bereits von beiden Seiten mehrmals zu spüren bekommen. Das heißt, ich wurde ausgewählt und ich habe ausgewählt. Nun ist die Frage: Geht es dabei auch um Äußerlichkeiten? Spielt das Aussehen einer Person für seine Eignung als WG-Mitbewohner überhaupt eine Rolle? Die Frage kann ich natürlich nur aus meiner eigenen Erfahrung beantworten.
Meiner Meinung nach ist das Aussehen eines Menschen bei sämtlichen Beurteilungen unseres Lebens wichtig. Egal, ob wir einen neuen Arbeitskollegen, Nachbarn oder WG-Bewerber zum ersten Mal sehen, wir beurteilen ihn zunächst auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild. Klar, denn sehr viel mehr wissen wir über ihn zu Beginn auch noch nicht. Kriterien sind dabei nicht nur die Physiognomie, sondern auch Kleidungsstil, Frisur und bei Frauen das Make Up. Manchmal bestätigt sich unsere erste Meinung nach näherem Kennenlernen nicht. Aber oft zeigt sich, dass das Äußere tatsächlich einiges über einen Menschen aussagen kann.
Wenn das so ist, dann ist auch für Romanfiguren ihr Aussehen von nicht so untergeordneter Bedeutung. Und im Gegensatz zu den realen WG-Mitbewohnern kann ich als Schriftstellerin bei meinen Protagonisten Einfluss darauf nehmen. Dazu muss man aber wissen, welche Äußerlichkeiten zu welchen Charakterzügen passen. Und dabei wiederum muss man aufpassen, dass man nicht zu sehr in Klischees abdriftet. Manchmal jedoch ist ein bißchen Klischee sogar ganz witzig, schließlich begegnet es einem im eigenen Leben auch ab und zu.
Zu Beginn der Konzeptionsphase entsteht bei mir nach und nach ein Bild vom Aussehen meiner Hauptfigur vor meinem inneren Auge. Ohne dass ich konkret darüber nachdenke, wird dieses Bild im Laufe der Auseinandersetzung mit der Figur immer deutlicher. Dann weiß ich, welcher Typ die Person äußerlich ist. Das ergibt sich sozusagen. Doch das reicht nicht. Um meinen Protagonisten wirklich ein Gesicht geben zu können, muss ich mehr wissen. Und hier beginnt für mich der aktive Teil.
Jetzt überlege ich, welcher Kleidungsstil, welche Frisur, welche Accessoires zu der Figur passen könnten. Dabei hilft gerne das „Wildern“ in fremden Revieren, denn meistens erinnert mich das Bild in meinem Kopf an eine reale Person, die ich kenne. Von der kann ich mir dann einiges abgucken, damit die Gesamterscheinung auch wirklich stimmig wird. Natürlich kann man dabei auch Eigenschaften verschiedener Menschen vermischen, sozusagen „kreuzen“, was äußerst praktisch sein kann. Herr Mendel, der das damals nur mit Erbsen tun und das Ergebnis auch nicht beeinflussen konnte, läßt grüßen. Und fertig ist der Protagonist, ein bißchen wie aus dem Reagenzglas...

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