Donnerstag, 21. Mai 2020

Faust und Corona

Gretchenfrage 2.0

Obwohl viele Menschen das Coronavirus sicher als „Teufelszeug“ bezeichnen würden, könnte es den Pakt zwischen Goethes Faust und Mephisto wahrscheinlich entscheidend behindern. Da Heinrich Faust als Gegenleistung für den Verkauf seiner Seele vom Teufel die Zuneigung der jungen Margarete (Gretchen) fordert, würde sich selbst Mephisto mit seinem Wetteinsatz in der Pandemie schwerer tun als unter Normalbedingungen.
Zunächst einmal lautete die weltberühmte „Gretchenfrage“ in Krisenzeiten wohl nicht Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“. Denn vermutlich gäbe es wichtigere Themen zu besprechen. Margarete würde Faust wohl eher zu Beginn der Liaison Fragen stellen wie „Hast du es schon gehabt?“, „Bist du getestet?“, „Wie hast du’s mit der Ausgangsbeschränkung?“, „Kannst du mir Hefe besorgen?“ oder „Wo ist dein Mundschutz?“
Außerdem kann sich unter coronabedingten Abstandsvorgaben wohl kaum so schnell eine Tragödie entwickeln, wie Goethe sie in seinem Drama beschreibt. Immerhin wäre es mit zwei Meter Abstand wohl kaum sofort zu einem Kuss zwischen Faust und Margarete und damit nicht zum Sex und damit nicht zur Schwangerschaft und damit nicht zum Kindsmord und damit nicht zur Verhaftung Gretchens und in der Folge nicht zu ihrem Tod gekommen.
In Zeiten von Corona ist es vermutlich deutlich schwerer eine neue Bekanntschaft zu verführen als in virusfreien Zeiten. Immerhin gibt es da außer den allseits bekannten Hinderungsgründen für einen One-Night-Stand (wie Aids, Schwangerschaft, Syphilis, etc.) auch noch das Gegenargument Corona, was den meisten zumindest momentan deutlich mehr Angst einjagt als alle anderen unangenehmen "Nebenwirkungen".
Corona hätte also unter Umständen Goethes Gretchen, wie auch schon dem jungen Werther (siehe Artikel vom 12.Mai 2020), das Leben gerettet.
Weiter geht’s in Kürze mit Hörbe!

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