Donnerstag, 9. Januar 2014

Von Zahlen und Menschen (Teil II)

Weiterhin im Interview: Marie Hartmann, 35 Jahre, Informatikerin aus München und Hauptfigur des Romans „Dann gute Nacht, Marie!“ (Teil I des Interviews gestern)

Frau Hartmann, dass ich mit Ihnen heute dieses Interview führen kann, zeigt mir, dass die Planungen für Ihren Selbstmord noch nicht abgeschlossen sind, oder?

Doch. Die sind ganz und gar abgeschlossen. Mir sind da eher so ein paar unvorhergesehene Dinge dazwischen gekommen...

Sind diese „Dinge“ etwa dafür verantwortlich, dass Sie Ihre Skepsis den Menschen gegenüber jetzt abgelegt haben?

Sagen wir mal so, das Gefühl, im Leben nichts mehr zu verlieren zu haben, hat vermutlich meinen Umgang mit anderen verändert. Und - wie das eben so ist – der Umgang der anderen mit mir veränderte sich ebenfalls. Wie man in den Wald hineinruft...

Sprechen Sie gerade von den Herren der Schöpfung oder eher von Ihren Arbeitskollegen?

Die Veränderung meiner Einstellung wirkte sich in allen möglichen Lebensbereichen aus. Zum Beispiel verbesserte sich auch das Verhältnis zu meinen Eltern wieder. Aber das hört sich jetzt alles so einfach an. Ganz so leicht war es natürlich nicht, aus der Zahlenwelt wieder zu den Menschen zu finden. Habe ich das nicht poetisch ausgedrückt? Dabei ist Poesie ja nicht gerade meine Stärke...

Offensichtlich sind die Veränderungen ihrer Person weitreichender als Sie dachten, oder?

Im Hinblick auf die Poesie halte ich das jetzt wirklich für extrem übertrieben. Auch wenn ich in der letzten Zeit sicher eine gewisse Entwicklung durchgemacht habe, bleiben doch die Zahlen meine größte Begabung. Und daran wird sich auch nichts ändern.

Sie haben vorhin Ihre Eltern erwähnt. Die müssen doch sehr glücklich gewesen sein, dass Sie den Plan vom Selbstmord nicht in die Tat umgesetzt haben.

Denken Sie wirklich, ich hätte denen davon erzählt? Sind Sie wahnsinnig? Was glauben Sie, was da los gewesen wäre... Meine Mutter wäre wahrscheinlich vor Sorge nicht mehr von meiner Seite gewichen. Und mein Vater hätte mir alles, was auch nur im Entferntesten zum Umbringen getaugt hätte, rigoros weggenommen. Da hätte ich keine Chance gehabt.

Fortsetzung folgt...

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