Freitag, 10. Februar 2017

Von Kinderhelden und ihren Tieren

Ein Beispiel für die Verrücktheiten aktueller Kinderbücher sind die in zunehmendem Maße vorkommenden Tiere. Pferdebücher gab es schon immer. Und sie waren vor allem bei Mädchen auch schon immer beliebt. Pippis „Herr Nilsson“ und ihr Pferd „Kleiner Onkel“ erblickten bereits in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Licht der Welt. Tiere in Kindergeschichten sind also nichts Neues.
In welcher Form sie allerdings in letzter Zeit die Kinderliteratur bevölkern, hat sich durchaus geändert. Denn nicht nur die menschlichen Helden sind ausgefallener als früher, sondern auch die tierischen. Oder zumindest die Beziehung zwischen beiden. Da gibt es eine „Schule der magischen Tiere“, in der die Tiere sprechen können. Auch Petersson hat einen sprechenden Kater namens Findus, mit dem er allerlei erlebt. Es gibt Liliane Susewind, die mit Tieren sprechen kann. Und es gibt Winston, die schlaueste Katze des Universums, die sogar selbst auf Verbrecherjagd geht.
Aber es kommt noch besser. Ein Meerschweinchen, in dem der Geist eines Kriminaloberkommissars wohnt, löst genauso Fälle wie die „Haferhorde“, die natürlich aus Pferden besteht. Realistisch war gestern. Heute ist alles, was unrealistisch ist, in. Zumindest in der Kinderliteratur.
Das führt natürlich dazu, dass ein Thema das andere überflügeln muss. War Benjamin Blümchen lange Zeit das einzige sprechende Tier in der Kinderunterhaltung, so gibt es inzwischen unzählige. Alles, was erfolgreich ist, wird mehrfach nachgemacht. Ein bisschen abgewandelt zwar, doch große Unterschiede gibt es oft nicht.
Die Frage ist nun, ob dieses Phänomen die Kinderliteratur schlechter oder besser macht. Sind Ähnlichkeiten vielleicht gar nicht so zu verdammen, weil die kleinen Leser oft das Vertraute am liebsten mögen? Oder leidet die Vielseitigkeit der Themen unter dem häufigen Nachahmen bereits erfolgreicher Geschichten? Und haben „normale“ Tiergeschichten bei den momentanen Gepflogenheiten der Branche überhaupt noch eine Chance?
Ist es wahr, dass Kinder in der Hauptsache ausgefallene Geschichten mögen? Oder finden sie es nicht ab und zu auch ganz gut, sich und ihre Lebenswirklichkeit in Büchern wiederzufinden und wiederzuerkennen? Fragen, über die es sich lohnt nachzudenken.

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