Dienstag, 30. September 2014

Mit welcher bekannten Literaturfigur hast du besonders viel Mitleid?

Mitleid haben kann man sicher mit einigen Literaturfiguren. Schließlich erzählen viele Bücher tragische Schicksale, die beim Leser vermutlich des Öfteren Mitleid mit den Opfern auslösen. Als ich mich für eine Figur entscheiden musste, fiel mir auf, dass ich besonders viel Mitleid mit denjenigen Protagonisten habe, die sich selbst in eine schwierige Situation gebracht haben. Denn ich glaube, einer der schlimmsten Gedanken bei einem Unglück ist, wenn man selbst dafür verantwortlich ist.
So ist es auch bei David Kern, dem Helden aus Martin Suters „Lila, Lila“. Am Ende des Buches hat er seine große Liebe verloren und muss erkennen, dass er das selbst verschuldet hat. Er hat sich durch das Manuskript, das er als sein eigenes ausgegeben hat, in eine Sache hineinmanövriert, die außer Kontrolle geriet. Natürlich konnte er das zu Beginn nicht wissen. Aber er wusste, dass er einen Betrug begeht. Und konnte der Versuchung trotzdem nicht wiederstehen. Am Ende bekommt er die Quittung, gnadenlos.
Zusätzlich zum Verlust seiner großen Liebe muss David erkennen, dass es eventuell nicht so weit hätte kommen müssen. Dass er angelogen wurde, und auch deshalb das Ganze aus dem Ruder lief. Jacky, der ihn unter Druck setzte, hatte bei weitem nicht so viel gegen ihn in der Hand wie er dachte. Er hätte sich also vermutlich leichter von ihm lösen können als gedacht. Und seine Freundin dadurch vielleicht auch nicht so sehr verärgert.
Solche Gedankenspiele bringen David und auch keinem realen Menschen im Nachhinein irgendetwas. Trotzdem denkt man sie. Und gerade das erregt mein Mitleid. Weil der Gedanke, dass man etwas nicht nur falsch gemacht hat, sondern vielleicht sogar hätte ändern können, bestimmt das Unglück nicht verringert, sondern vermutlich vergrößert.
Mein Kandidat für den Posten eines bemitleidenswerten Bücherhelden: David Kern. Und Deiner?

Dienstag, 23. September 2014

Was würdest du welche bekannte Literaturfigur gerne einmal fragen und warum?

Ich bin mir sicher, dass man während des Lesens einer Geschichte immer wieder die eine oder andere Frage an die verschiedensten Protagonisten auf der Zunge hat. Warum hast du das getan oder nicht getan? Hat es sich für dich gelohnt? Was hast du nach Ende des Romans so vor? Und am häufigsten wahrscheinlich: Warum hast du nichts gesagt?
Wenn man sich aber so ganz ohne momentane Lektüre überlegt, wen man was gerne fragen würde, fällt einem erst einmal nichts ein. Mir zumindest. Da muss man sich schon das eine oder andere Buch recht detailliert wieder ins Gedächtnis rufen, um diese Frage beantworten zu können. Das habe ich versucht.
Beim Überlegen vor dem Bücherregal blieb mein Blick an den Büchern von Ingrid Noll hängen, die ich besonders mag. Ihre Helden finde ich deshalb so spannend, weil ihre, ja oft sehr rabiate, Handlungsweise so dargestellt wird, dass ich sie trotzdem nachvollziehen kann. Meist geschehen Nolls Morde aus einer Enttäuschung, einem Frust oder dem Gefühl des Zurückgesetztseins heraus - das ist für den Leser Motiv genug.
„Warum hast du das getan?“, wäre demnach keine Frage, die man Nolls Heldinnen stellen muss. Wenn man nach der Lektüre der Bücher etwas weiß, dann ist es die Antwort auf diese Frage. Rosemarie Hirte zum Beispiel, die Protagonistin des ersten Krimis „Der Hahn ist tot“, will sich die späte Chance auf Glück in ihrem von Verzicht geprägten Leben nicht nehmen lassen und geht dafür über Leichen. Ein eindeutiger Grund.
Am Ende des Romans jedoch, wenn die Ereignisse sich überschlagen und nicht unbedingt nur positives gebracht haben, würde ich sie gerne fragen: „Und? Bereust du es? War es das wert? Bist du jetzt glücklicher?“ Was sie antworten würde, weiß ich wirklich nicht. Vielleicht hat es ihr tatsächlich Genugtuung verschafft, dass nun nicht nur sie, sondern auch andere gelitten haben. Vielleicht hat es ihr geholfen, dass sie die Dinge in die Hand genommen hat, auch wenn sie sie nicht zum Guten wenden konnte.
Ob das eine sympathische und verständliche Antwort auf die Frage wäre, sei dahingestellt. Aber es ist in jedem Fall eine Frage, die man sich auch im eigenen Leben immer mal wieder stellen kann. Auch wenn man nicht gerade einen Mord verübt hat.
Meine Kandidatin für den Posten eines zu befragenden Bücherhelden: Rosemarie Hirte. Und Deiner?

Montag, 15. September 2014

Mit welcher bekannten Literaturfigur würdest du nicht unbedingt tauschen und warum?

Figuren, mit denen man nie tauschen würde, gibt es viele. Alle, deren Schicksal tödlich endet, zum Beispiel. Oder die, die krank sind oder es werden. Auch den Platz derer, die unglücklich sind, würde ich nicht gerne einnehmen wollen. Und solche gibt es wie Sand am Meer.
Aber gibt es auch glückliche Protagonisten, mit denen man trotzdem nicht tauschen würde? Ich für meinen Teil habe, glaube ich, einen gefunden: Jan, die Hauptperson aus Jan Weilers „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“. Damit Ihr mich nicht falsch versteht: Das Buch war sehr amüsant zu lesen. Ich habe es keine Sekunde bereut, es gekauft zu haben. Aber Lesen ist etwas völlig anderes als Erleben.
Natürlich sind die Geschichten, die Jan mit seiner angeheirateten italienischen Sippe passieren, sehr witzig. Aber wahrscheinlich nur, wenn man sie nicht selbst aushalten muss. Der Schwiegervater Antonio ist sehr unterhaltsam, aber vermutlich auch sehr anstrengend.
Ich könnte mir vorstellen, dass ich mit einer solchen Familie, in die ich noch nicht mal hineingeboren bin, vielleicht nicht so gut klargekommen wäre. Zwar würde ich mich durchaus als Familienmensch bezeichnen, aber ein italienischer Clan mit seinen Ecken und Kanten und seiner subtilen Übergriffigkeit wäre wahrscheinlich sogar mir zuviel.
Dieser Familie muss man sich mit Haut und Haaren ergeben, um sie wirklich ertragen zu können. Und das würde mir doch sehr schwer fallen, glaube ich. Dabei sehe ich jetzt mal davon ab, dass Jan ein Mann ist und ich eine Frau bin. Das würde vermutlich im Umgang mit den lieben Verwandten kaum einen Unterschied machen. Außer, dass ich mich eventuell noch weniger durchsetzen könnte. Ein Grund mehr, nicht zu tauschen…
Mein Kandidat für den Posten eines Bücherhelden, mit dem ich nicht tauschen würde: Jan. Und Deiner?

Mittwoch, 3. September 2014

Mit welcher bekannten Literaturfigur würdest du gerne tauschen und warum?

Ja, das ist ein schöner Gedanke, mit jemandem einfach tauschen zu können. Und am allerschönsten ist der Gedanke bei so manchen Literaturfiguren, weil die oft nicht den Gesetzen der Natur unterliegen. Sie können hexen, zaubern, fliegen, sich verwandeln, unsichtbar machen oder ähnliches. Viele können natürlich auch nur das, was wir auch können oder könnten, aber mit denen würden wir vermutlich auch nicht tauschen.
Einen Protagonisten zu finden, mit dem man gerne tauschen würde, ist dann aber doch nicht so leicht wie gedacht. Es gibt da nämlich oft etwas, das einem dann wieder nicht gefällt, wie zum Beispiel die Welt oder die Umstände, in denen sie leben. Trotzdem wage ich es jetzt einmal, einen Gedanken zu äußern. Auch wenn ich froh bin, dass ich danach nicht wirklich tauschen muss.
Wie wäre es denn zum Beispiel, mit dem Sams aus Paul Maars „Eine Woche voller Samstage“ zu tauschen? Sicher wünscht sich das so manches Kind. Aber sehen wir die Angelegenheit doch mal aus der Erwachsenenperspektive. Das Sams ist nicht besonders schön, sehr frech und direkt, kann vieles, was ein normaler Mensch nicht kann und es hat Wunschpunkte.
Einmal nach Herzenslust direkt sein, ohne an die Folgen zu denken, wäre nicht schlecht. Das Sams muss nicht jeden Tag arbeiten und es wird auch nicht mit den üblichen Maßstäben gemessen. Schließlich ist es ja das Sams. Was das Aussehen betrifft, entspricht es zum Beispiel nicht meinen Idealvorstellungen, aber ich vermute, dass einem das als Sams egal ist. Und das wäre doch auch mal eine nette Alternative.
Das Sams kann mit seinen Wunschpunkten Menschen glücklich machen. Und was auch nicht zu unterschätzen ist, es kann alles essen, was ihm in die Hände kommt. Verhungern wird es also vermutlich nicht. Eventuell würde ich allerdings mit dem Sams nur für ein paar Tage tauschen, aber vielleicht doch nicht das ganze Leben. Für einige Zeit aber wäre es bestimmt ganz lustig, mal ein Sams zu sein.
Mein Kandidat für den Posten eines Bücherhelden, mit dem ich gerne tauschen würde: Das Sams. Und Deiner?