Samstag, 23. Januar 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihren Gedanken

Was und wie eine Romanfigur denkt, weiß zunächst einmal nur ihr Erfinder, der Autor. Aus ihren Gedanken und ihrer ganzen Denkweise ergeben sich dann ihre Handlungsweisen, Aktionen und Reaktionen. Das Denken eines Protagonisten ist demnach immens wichtig für eine Geschichte und ihren Verlauf.
Das ist sicher richtig. Doch in letzter Zeit erlebe ich selbst beim Schreiben immer wieder, dass man als Schriftsteller den Gedanken einer Figur, meistens der Hauptfigur, auch zu viel Gewicht geben kann. Denn die inneren Vorgänge einer Figur sind zwar entscheidend für ihr Verhalten, sie dürfen jedoch, meiner Erfahrung nach, im Text nicht zu ausführlich vorkommen.
Die Gedanken eines Protagonisten sind mit Sicherheit interessant und an einigen Punkten der Geschichte auch unheimlich wichtig. Doch in den Textteilen, in denen lediglich gedacht wird, passiert außerhalb der Person nichts. Und wenn außerhalb nichts passiert, wird das Lesen auf die Dauer auch dem intellektuellsten Leser langweilig.
Innere und äußere Vorgänge müssen in einem Unterhaltungsroman in der richtigen Relation stehen, die vermutlich so aussieht, dass das Erstere deutlich weniger oft vorkommen darf als das Zweitere. Wahrscheinlich kann man das nicht unbedingt so pauschal sagen, aber im Großen und Ganzen trifft die Aussage wohl auf die meisten erfolgreichen Romane der letzten Jahre zu.
Denn, wenn sich das Verhalten einer Romanfigur aus ihrem Denken ergibt, werden durch ihre Aktionen und Reaktionen auch ihre Gedanken deutlich. Der Leser kann sich innere Vorgänge also durchaus aufgrund manch äußerer Vorgänge erschließen. Das funktioniert vermutlich nicht immer. Aber das muss es ja auch nicht. Schließlich kann kein Leser ein ernsthaftes Interesse daran haben, dass das, was es im Filmbereich schon lange gibt, auch in der Literatur Einzug hält: Action-Bücher, in denen nur noch gehandelt und überhaupt nicht mehr gedacht wird.
Wir Schriftsteller müssen also, wie so oft, die richtige Relation zwischen inneren und äußeren Vorgängen in unseren Geschichten finden. Und die ist vermutlich von Buch zu Buch, von Autor zu Autor und von Genre zu Genre verschieden…  

Dienstag, 19. Januar 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihrem Wohnort

Wie wichtig ist eigentlich der Wohnort einer Hauptfigur? Nun ja, oft ist vermutlich ihr Wohnort auch gleichzeitig der Ort, an dem die Geschichte spielt. Falls der Protagonist nicht gerade auf Reisen ist, findet die Handlung wahrscheinlich hauptsächlich an dem Ort statt, an dem die meisten der handelnden Personen auch wohnen.
Das kann ein Phantasieort sein oder eine reale Stadt oder ein reales Dorf. Doch was macht in beiden Fällen die Vor- oder Nachteile für die Geschichte, den Autor oder auch den Leser aus? Erfindet der Schriftsteller einen vollkommen fiktiven Ort, so kann er diesem Ort natürlich nach Gutdünken jede Eigenschaft verleihen, die er für seine Geschichte haben möchte. Das ist praktisch.
Der Nachteil jedoch ist, dass er im umgekehrten Fall auch auf nichts Existentes zurückgreifen kann. Siedelt man seinen Roman in einer Stadt an, die es wirklich gibt, dann kann man als Schriftsteller auf reale Stadtteile, Straßen, Plätze, ja sogar Geschäfte oder Bauwerke Bezug nehmen. Das vereinfacht die Sache eventuell. Außerdem mögen es die Leser vielleicht auch mal ganz gerne, ihnen bekannte Orte in der Geschichte vorzufinden. Da kann man sich schließlich dann ganz genau vorstellen, wie es dort aussieht.
Allerdings muss ein Schriftsteller, wenn er damit rechnen muss, dass seine Leser die erwähnten Orte selbst kennen oder noch kennenlernen könnten, viel gründlicher recherchieren, wenn er den einen oder anderen realen Platz in seinem Text beschreiben will. Nichts ist peinlicher, als eine Tatsache, die jederzeit überprüft werden kann, in einem Buch falsch zu behaupten. Also muss man sich eventuell vor Ort selbst ein Bild machen.
Dann ist es natürlich am einfachsten, seine Geschichten in der eigenen Heimat anzusiedeln. Das machen vermutlich auch nicht wenige Autoren. Jedoch kommt man dann unter Umständen um eine interessante Recherchereise in eine andere Stadt oder vielleicht sogar in ein anderes Land. Doch diese muss man sich natürlich erst einmal leisten können…

Montag, 11. Januar 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihrer Geschichte

Welche Geschichte hat die perfekte Hauptfigur? Was hat sie bereits vor Beginn des Romans hinter sich? Welche Erfahrungen hat sie gemacht? Von welcher Vergangenheit also werden sie und ihr Verhalten bestimmt? Die perfekte Geschichte eines Protagonisten gibt es mit Sicherheit nicht. Wichtiger als die Form der Vergangenheit ist auf jeden Fall immer ihr Vorhandensein. Jede Hauptfigur braucht eine Geschichte und diese sollte im Idealfall schon vor Entstehung der Romanhandlung festgelegt werden.
Beim Schreiben meines ersten Romans habe ich zunächst, aus Unwissenheit, die Hintergründe meiner Protagonistin Marie ziemlich vernachlässigt. Das führt unweigerlich zu Widersprüchen bei Verhalten und Reaktionen der Figuren. Im Endeffekt macht es auf Dauer deutlich mehr Arbeit und erschwert außerdem die Findung der Romanhandlung, weil man in der Geschichte immer wieder hin und her springen muss, um Aussagen an andere anzugleichen.
Die Geschichte und das Umfeld einer Hauptfigur sollte also in jedem Fall zu Beginn der Arbeit an einem Roman festgelegt werden. Natürlich hängt die Vergangenheit eines Protagonisten auch oft von der zu entwerfenden Handlung ab. Das klingt komisch, ist aber so. Schließlich beeinflusst das bisherige Leben der Figuren ihren Umgang mit verschiedenen Situationen. Ich als Schriftsteller muss mir demnach beim Entwurf der Vergangenheit der Protagonisten schon überlegen, wie sie am einen oder anderen Punkt später reagieren sollen.
Das ist wahrscheinlich nicht ganz so kompliziert wie es sich anhört. Schließlich weiß der Autor, wenn er die Arbeit an einem Roman beginnt, meistens schon, wie seine Geschichte verlaufen und wahrscheinlich auch, wie sie enden soll. Er (oder sie) wird sich also die Vergangenheit seiner Hauptfigur einfach so „zurechtbiegen“, wie er sie für die spätere Entwicklung benötigt. Und sollte sich mit Fortschreiten der Geschichte die eine oder andere Änderung auf diesem Gebiet ergeben, kann man ja immer noch zurückspringen und den Anfang angleichen.
Bei einer Fernsehserie erlebt man es ab und zu, dass zu einem späteren Zeitpunkt plötzlich eine uralte (jetzt aber notwendige) Episode aus dem Hut gezaubert wird, von der vorher nie die Rede war. Da hat es der Schriftsteller einfacher, weil er, solange der Roman noch nicht abgeschlossen ist, an jedem Teil der Geschichte immer wieder Dinge ändern kann. Und das sollte man dann auch tun, bevor es unlogisch wird… 

Sonntag, 3. Januar 2016

Von der perfekten Hauptfigur und ihren Eigenschaften (3)

Neben den inneren, den charakterlichen Eigenschaften der perfekten Hauptfigur stellt sich natürlich auch die Frage nach ihren äußeren, also den optischen Eigenschaften. Wie sieht die perfekte Hauptfigur eigentlich aus? Gibt es da irgendwelche objektiven Anhaltspunkte, an denen man sich als Schriftsteller orientieren kann?
Sollte ein Protagonist gut oder eher nicht so gut aussehen? Sollte er besser attraktiv oder lieber unattraktiv sein? Abgesehen davon, dass es zu diesem Thema mit Sicherheit keine allgemeingültigen Vorgaben geben kann, hängt das Aussehen der perfekten Hauptfigur vermutlich auch ein wenig vom Genre des entsprechenden Buches ab.
Kann sein, dass ich mit meiner Meinung da ziemlich allein bin, aber mein Eindruck ist, dass die meisten Protagonisten in zeitgenössischen Romanen eher gutaussehend sind. Ob Mann oder Frau, ob Haupt- oder Nebenfigur – unattraktive Romanfiguren haben in der heutigen Zeit kaum Konjunktur. Na klar, wenn man schon als Autor alle Fäden in der Hand hat und somit auch das äußere Erscheinungsbild seiner Figuren komplett eigenständig bestimmen kann, wäre man ja blöd, seine Figuren nicht im Großen und Ganzen ansehnlich, also attraktiv zu gestalten.
Das läuft nicht anders als in den meisten Fernsehfilmen. Ob Rosamunde Pilcher, Inga Lindström oder sonst eine Schmonzette – alle Personen sehen immer gut aus. Und wenn sie nicht gut aussehen, so sind sie mit Sicherheit intrigant, deppert oder fies und bleiben am Ende der Geschichte allein zurück. Nehmen wird die Heldin oder der Held schließlich immer den gutaussehenden Kandidaten.
Nun ist das bei Filmen wahrscheinlich noch deutlich öfter der Fall als bei Romanen. Doch auch in der heutigen Unterhaltungsliteratur gibt es mehr schöne als hässliche Menschen. Für Gegenbeispiele wäre ich jederzeit dankbar. Vermutlich ist es aber auch hier so wie bei den Charaktereigenschaften der Figuren. Je ambivalenter oder vielschichtiger das Aussehen eines Protagonisten ist desto realistischer und interessanter.
Manche Autoren sagen auch sehr wenig bis gar nichts über das Aussehen ihrer Figuren und überlassen es dem Leser, wie er sie sich vorstellt. Dabei stellt sich die Frage, wie wichtig das äußere Erscheinungsbild der Protagonisten für eine Geschichte ist. In den meisten Fällen wahrscheinlich nicht so wichtig. Im Gegensatz zum Film kommen Romane auch gerne mal ohne Äußerlichkeiten aus. Ob einem das lieber ist, muss jeder Rezipient selbst entscheiden…