Sonntag, 21. Februar 2021

Bücherhelden für den Lockdown (6)

Pierre Jarawans Held „Amin“

In Zeiten von Corona haben wir in Europa vielleicht ab und zu das Gefühl, unter extrem schwierigen Umständen zu leiden. Da kann es manchmal ganz heilsam sein, sich bewusst zu machen, dass man in anderen Teilen der Welt mit noch schlimmeren Belastungen und Ängsten leben muss.
Dabei kann Pierre Jarawans „Ein Lied für die Vermissten“ helfen, das eine Welt voller sinnlicher Eindrücke und Emotionen, einfühlsam, spannend und virtuos mit der bewegten Geschichte des Nahen Ostens verknüpft und so in keinster Weise deprimierend, sondern vielmehr sehr lebensbejahend ist:
Als 2011 der Arabische Frühling voll entfacht ist, löst der Fund zweier Leichen auch in Beirut erste Unruhen aus. Während schon Häuser brennen, schreibt Amin seine Erinnerungen nieder: an das Jahr 1994, als er als Jugendlicher mit seiner Großmutter in den Libanon zurückkehrte – zwölf Jahre nach dem Tod seiner Eltern. An seine Freundschaft mit dem gleichaltrigen Jafar, mit dem er diese verschwiegene Nachkriegswelt durchstreifte. Und daran, wie er schmerzhaft lernen musste, dass es in diesem Land nie Gewissheit geben wird – weder über die Vergangenheit seines Freundes, noch über die Geschichte seiner Familie.
Ein Buch für die hysterischen Stunden des Lockdowns!

 

Montag, 15. Februar 2021

Bücherhelden für den Lockdown (5)

Wladimir Kaminers Helden „Die Kreuzfahrer“

Was uns in Zeiten von Corona vermutlich mit am meisten fehlt, ist das Reisen. Mehr denn je sehnen wir uns nach einem Ausbruch aus der eigenen vertrauten Welt, nach anderen Ländern, anderen Menschen, anderen Sitten, anderem Klima, kurz: nach neuen und fremden Eindrücken auf allen Ebenen. Da die meisten von uns momentan jedoch keine Möglichkeit haben, die eigene Heimat zu verlassen, können wir unser Fernweh mit Wladimir Kaminers „Die Kreuzfahrer“ stillen und dabei vielleicht sogar erkennen, dass es manchmal gar nicht so schlecht ist, die unangenehmen Begleiterscheinungen des Reisens nicht ertragen zu müssen:
„Kreuzfahrten sind eine seltsame Mischung aus Empathie und Schweinerei“, sagt Wladimir Kaminer. Für seine Geschichten sucht er mit Vorliebe im Tragischen das Komische. In seinem Buch "Die Kreuzfahrer" erzählt der russisch-deutsche Schriftsteller vom Massentourismus weit draußen auf dem Ozean.
Ein Kreuzfahrtschiff ist eine ganz eigene Welt. Der Reisende betritt eine schwimmende Oase des Glücks mit Bar, Tanzabenden und dem reibungslosen Übergang von einer Mahlzeit zur nächsten. Und natürlich mit jeder Menge neuer Bekanntschaften. Aber auch an Land gibt es viel zu entdecken: von Putin-Schokolade in St. Petersburg, über falsche Götter auf der Akropolis bis zu verrückten karibischen Taxifahrern. Und wer könnte schöner davon erzählen als Wladimir Kaminer, Kreuzfahrer aus Leidenschaft?
Ein Buch für die Fernweh-Stunden des Lockdowns!

Montag, 8. Februar 2021

Bücherhelden für den Lockdown (4)

Sayaka Muratas Heldin „Keiko“

In Zeiten der Pandemie kann man schon mal das Gefühl bekommen, dass ein „normales Leben“ überhaupt nicht mehr möglich und der eigene Bewegungsradius auf das absolute Minimum zusammengeschrumpft ist. Doch ein überschaubar begrenztes Umfeld kann auch Sicherheit bieten. Davon und von den Schwierigkeiten des Andersseins erzählt Sayaka Muratas „Die Ladenhüterin“:
Keiko Furukura ist anders. Gefühle sind ihr fremd, das Verhalten ihrer Mitmenschen irritiert sie meist. Um nirgendwo anzuecken, bleibt sie für sich. Als sie jedoch auf dem Rückweg von der Uni auf einen neu eröffneten Supermarkt stößt, einen sogenannten Konbini, beschließt sie, dort als Aushilfe anzufangen. Man bringt ihr den richtigen Gesichtsausdruck, das richtige Lächeln, die richtige Art zu sprechen bei.
Keikos Welt schrumpft endlich auf ein für sie erträgliches Maß zusammen, sie verschmilzt geradezu mit den Gepflogenheiten des Konbini. Doch dann fängt Shiraha dort an, ein zynischer junger Mann, der sich sämtlichen Regeln widersetzt. Keikos mühsam aufgebautes Lebenssystem gerät ins Wanken…
Ein Buch für die skurrilen Stunden des Lockdowns!

Mittwoch, 3. Februar 2021

Bücherhelden für den Lockdown (3)

Moritz Netenjakobs Held „Daniel“

Was einem in Zeiten des Lockdowns immer wieder schmerzhaft fehlt, sind die Cafés. Obwohl wir es vielleicht manchmal gar nicht so stark wahrnehmen, sind sie nicht nur ein wichtiger Treffpunkt, sondern auch ein guter Zeitvertreib zwischen zwei Terminen oder einfach der perfekte Ort zum Sitzen und Lesen oder Schauen. Wer es gerade ohne Cafés nur sehr schwer aushält, kann seine Entzugserscheinungen mit Moritz Netenjakobs „Milchschaumschläger“ ein wenig mildern und in Erinnerungen an „normale Zeiten“ schwelgen:
Privat ist Daniel zwar glücklich verheiratet mit Aylin, aber beruflich leidet er zunehmend unter der zynischen Kälte der Werbebranche. Als sein Stammlokal unerwartet schließt, überredet er Aylin, die Chance zu nutzen und gegen jede finanzielle Vernunft ein Café zu betreiben. Schon der Weg zur Eröffnung ist mit guten Ratschlägen und Katastrophen gepflastert.
Aber das Schlimmste soll erst noch kommen: Gäste! Eine renitente Pudel-Oma, ein altkluger Hipster, ein Fußballtrainer mit einem Alkoholproblem, ein vermeintliches Wunderkind namens Jonas Hortensius sowie Daniels Alt-68er-Eltern und Aylins türkische Familie. Die Gäste bleiben zu Hause, wenn sie kommen sollen, und wenn sie da sind, bestellen sie, was sie wollen – aber nicht, was auf der Karte steht…
Ein Buch für die nostalgischen Stunden des Lockdowns!