Donnerstag, 30. April 2020

Momo und Corona

Auf der Flucht vor den neuen grauen Herren

Würde Michael Endes Momo in Zeiten von Corona leben, so hätte sie ein paar Eigenschaften, die für sie und andere in der Krise hilfreich sein könnten. Da sie besonders gut zuhören kann und bei ihren Gesprächspartnern die Phantasie stark anregt, wäre sie in der kontaktarmen Coronazeit vermutlich noch beliebter als sie es ohnehin war.
Mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten könnte sie den durch Ausgangsbeschränkung und Arbeitsausfall deprimierten und gelangweilten Mitmenschen nicht nur ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken, sondern ihnen auch zu ungeahnten neuen Ideen verhelfen, wie sie die unverhofft gewonnene Zeit sinnvoll und positiv nutzen können. Alles mit Abstand, versteht sich! Unter Umständen wäre ihr Tipp ab und zu auch nur der, einfach mal gar nichts zu tun, wenn man schon die Möglichkeit dazu hat...
Da ihre Begleiterin, die Schildkröte Kassiopeia, die Gabe besitzt, eine halbe Stunde in die Zukunft sehen zu können, könnte sie außerdem sämtliche Abstandsregeln perfekt einhalten. Denn wer von uns stand in den vergangenen Wochen nicht schon mal auf einem schmalen Weg oder in einem engen Supermarkt-Gang und hat sich insgeheim gewünscht zu wissen, welchen Weg sein Gegenüber wohl in der nächsten Minute einschlagen wird.
Momo wäre also in vielerlei Hinsicht die perfekte Freundin in einer Coronakrise…
Weiter geht’s übermorgen mit Madame Bovary!

Dienstag, 28. April 2020

Robinson Crusoe und Corona

Schiffbruch mit Corona

Ziemlich klar liegt der Fall natürlich bei Daniel Defoes Robinson Crusoe. An ihm und seinen Lebensumständen hätten Markus Söder und Co. in Bezug auf die Corona-Beschränkungen ihre helle Freude. Schließlich hat Robinson Crusoe auf seiner einsamen Insel ausschließlich Kontakt zu seinem Gefährten Freitag, mit dem er auch noch in einem Haushalt lebt (falls man das so nennen kann). Was für ein Glück!
Die beiden wiederum haben (zumindest vor ihrer Rettung von der Insel) keinerlei Kontakt zu irgendjemand anderem und können demnach weder Personen infizieren noch von ihnen infiziert werden. Perfekte Quarantäne-Bedingungen in einer Corona-Krise.
Diese Versuchsanordnung hat nur den einen Haken, dass die beiden in ihrer idealen Abgeschiedenheit überhaupt nichts vom Virus und seinen Gefahren mitbekommen würden. Somit könnten sie sich auch nicht über ihre rundherum komplett geschützte und sozusagen immune Situation freuen, sondern würden einfach weiterleben wie vor dem Ausbruch der Krankheit.
Der Stoff für neue Geschichten, Impulse oder Ideen ist bei Robinson Crusoe also denkbar gering und kann getrost vernachlässigt werden!
Weiter geht’s übermorgen mit Momo!

Sonntag, 26. April 2020

Das Sams und Corona

Eine Woche voller Corona-Tage

Wer hätte nicht gerne ein Sams zu Hause? Dieser Satz gilt wahrscheinlich zu jeder Zeit, am meisten allerdings sicherlich in einer Corona-Krise. Schließlich hat Paul Maars Sams sogenannte Wunschpunkte im Gesicht, mit denen es nahezu jeden Wunsch im Handumdrehen erfüllen kann. Bei Kontaktsperre, Ausgangsbeschränkung oder einer Quarantäne wäre es also der ideale Mitbewohner.
Keine Panik bei leeren Klopapier-, Mehl- oder Desinfektionsmittel-Regalen! Nur nicht nervös werden trotz Lieferengpass bei Nudeln, Hefe und Mundschutz! Ohne Probleme könnte das Sams seinem Papa Taschenbier alle Lebensmittel und Gebrauchsartikel, die sein Herz begehrt, sofort herbeizaubern – eine Vorstellung, die für uns momentan an eine Utopie grenzt! Wer stand nicht in den letzten Wochen das eine oder andere Mal enttäuscht vor einem komplett leeren Supermarkt-Regal und hat gezwungenermaßen den Speiseplan kurzfristig umgestellt… oder improvisiert.
Das Einkaufen mit Sams-Wunschpunkten hat außerdem den unschätzbaren Vorteil, dass man sich nicht mit Mundschutz und Abstandsregel herumschlagen muss, sondern bequem von zu Hause aus „bestellen“ kann und nicht einmal Lieferzeiten beachten muss. Gewünscht, getan – in einer Coronakrise wäre das noch praktischer als sonst.
Sollten allerdings die Wunschpunkte aufgebraucht sein, bevor die Krise überwunden und sämtliche Beschränkungen aufgehoben sind, wird es vermutlich eng. Und sollte sich Herr Taschenbier aus Angst vor diesem Punkt in exzessivem „Hamsterwünschen“ ergehen, sich also nicht nur eine Packung Klopapier, sondern gleich tausend wünschen, dann stellt sich allerdings schon die Frage, ob das sozialer wäre als ein normaler Hamsterkauf. Irgendwo müssten die zahlreichen Packungen ja schließlich herkommen. Und dort fehlten sie dann… wie im richtigen Leben!
Weiter geht’s übermorgen mit Robinson Crusoe!

Freitag, 24. April 2020

Romeo und Julia und Corona

Kontaktsperre XXL

Wenn Romeo und Julia in Zeiten von Corona leben würden, hätten sie wohl mit das schwerste Los aller Protagonisten der Weltliteratur überhaupt. Immerhin spielt Shakespeares Drama im norditalienischen Verona, also in einer der vom Virus am stärksten betroffenen Gegenden. Hatten die beiden Liebenden es schon im ursprünglichen Szenario ihrer verfeindeten Familien nicht gerade leicht, so wäre es für sie im Italien der Coronakrise ein Ding der Unmöglichkeit, sich zu treffen und zu lieben.
Verfeindete Familien, Ausgangsbeschränkungen, Kontaktsperre – welche Liebe soll eine solche Belastung vor allem in der Kennenlernphase heil überstehen? Da die beiden sich allerdings schon in Shakespeares Drama nicht an das ihnen auferlegte Kontaktverbot hielten, wäre zu vermuten, dass sie sich sogar in einer Coronakrise heimlich treffen würden, um ihre Sehnsucht zu stillen.
Was aber könnte das für Folgen haben? Man darf gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn einer von beiden an Corona erkranken würde. Zum einen müssten sie alle ihre Kontaktpersonen nennen, was sie bei hoffentlich vorhandenem Verantwortungsgefühl auch tun würden. Aufgrund der Fehde der Familien Capulet und Montague würde jedoch eine Offenlegung der Liaison wahrscheinlich einem Todesurteil gleichkommen.
Zum anderen könnten die Liebenden ihre Familienmitglieder mit dem Virus infizieren, so dass aufgrund der schwierigen medizinischen Versorgung in Italien auch ein Verwandter (oder sogar mehrere) zu Tode kommen könnte. Das Schuldgefühl, dies durch egoistisch-verliebte Handlungsweise verursacht zu haben, würden beide vermutlich nicht mehr loswerden. Es ist also zu vermuten, dass das Ende vom Lied tatsächlich ähnlich dem tödlichen Ausgang von Shakespeares ursprünglichem Drama wäre. Ob mit oder ohne Corona, Romeo und Julia enden also in jedem Fall tragisch. Schicksal.
Weiter geht’s übermorgen mit dem Sams!

Mittwoch, 22. April 2020

Räuber Hotzenplotz und Corona

Hände hoch… aber bitte mit Abstand!

Hotzenplotzs Räuberhöhle ist unter Quarantäne-Gesichtspunkten kein ungeeignetes Domizil – abgelegen im Wald und kaum für die Öffentlichkeit zugänglich. Dazu kommt, dass Otfried Preußlers Räuber vermutlich mit dem Tragen einer Atemschutzmaske keinerlei Probleme hätte. Immerhin kann ihm eine derartige Vermummung für seine Raubzüge nur dienlich sein.
Wie es allerdings mit dem Abstandhalten aussieht, sei dahingestellt. Schließlich sind die typischen beruflichen Tätigkeiten eines Räubers, wie zum Beispiel Fesseln, Knebeln oder Verschleppen, schlecht mit einem Körperabstand von zwei Metern möglich. Augen auf bei der Berufswahl!
Mit Sicherheit wäre die Welt des Räuber Hotzenplotz allein dadurch auf den Kopf gestellt, dass während der Corona-Krise plötzlich völlig neue Werte eine ungeahnte Bedeutung erlangen. In Preußlers Buch ist Gold der Inbegriff von Reichtum und ohne Zweifel das favorisierte Diebesgut des Räubers. Was würde er wohl davon halten, dass momentan Klopapier, Trockenhefe, Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken die Bestseller der Deutschen sind? Vermutlich würde er sich nur ungern dazu durchringen, derart profane Dinge auf seinen Beutezügen ins Visier zu nehmen und in Massen in seiner Räuberhöhle zu horten.
Schwere Zeiten würden demnach in einer Coronakrise auf Räuber Hotzenplotz zukommen: Deutlich weniger Passanten, die unterwegs sind und die man überfallen kann. Völlig uninteressante Dinge, die gekauft und damit erbeutet werden. Und, last but not least, dank zunehmend bargeldlosem Zahlungsverkehr, viel weniger Münzen und Scheine im Umlauf, die sich zum Stehlen anbieten. Leere Kassen, leere Geldbeutel – ein Albtraum für Räuber Hotzenplotz!
Weiter geht’s übermorgen mit Romeo und Julia!

Montag, 20. April 2020

Der kleine Prinz und Corona

Du bist für deine Reise verantwortlich

„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ – es gibt kaum einen Satz in der Weltliteratur, der auf das Corona-Virus besser zutrifft als dieser Satz aus Antoine de Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“.
Betrachtet man ihn allerdings im Gesamtzusammenhang des Textes, dann verliert er in der Krise seine Aussagekraft leider vollkommen. Denn auch „mit dem Herzen“, wie im ersten Teil des berühmten Zitats vorgeschlagen, sieht man den Corona-Erreger keinen Deut besser als mit den Augen. Die allseits beliebten Weisheiten des kleinen Prinzen helfen uns also in der momentanen coronageplagten Zeit nicht weiter.
Im Gegenteil. Sein Verhalten wäre in Krisenzeiten mit Fug und Recht als extrem fahrlässig zu bezeichnen. Immerhin begegnete er auf seiner Reise immer wieder nur einzelnen Personen, die alle einen ganzen Planeten allein bewohnten, mit Kontaktsperre also keinerlei Probleme hatten… zumindest bevor dieser kleine Prinz, der sich an keinerlei Reisewarnungen und Ausgangsbeschränkungen hält, bei ihnen aufgetaucht ist und so das Virus munter von einem Planeten zum anderen verbreitet hätte.
Die Infektionskette wäre also überhaupt nicht schwer nachzuvollziehen und die damit verbundene Quarantäne auch sofort wieder ohne Schwierigkeiten einzuhalten. Jeder bliebe einfach brav allein auf seinem Planeten, und wenn nicht wieder ein gelangweilter, reiselustiger kleiner Prinz von einem Planeten zum anderen gondeln würde, hätte sich Corona innerhalb kürzester Zeit von selbst erledigt…
Weiter geht’s übermorgen mit Räuber Hotzenplotz!

Samstag, 18. April 2020

Pippi Langstrumpf und Corona

Quarantäne in der widdewidde Villa Kunterbunt

„Zwei mal drei macht vier, widdewiddewitt und drei macht neune“ – bei einer derart großzügigen Rechenweise würde der gute Herr Spahn in diesen Zeiten vermutlich Magenkrämpfe bekommen. Zum Glück ist nicht Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf für die Ermittlung der Infiziertenzahlen in Deutschland verantwortlich. Und sie wäre es auch nicht, wenn sie in Zeiten von Corona leben würde. Was aber würde sie tun, wenn sie in die Situation käme, in der wir alle uns momentan befinden?
„Ich mach‘ mir die Welt… widdewidde wie sie mir gefällt“ wäre auch für Pippi in der Coronakrise nicht so einfach. Die eher konservativen Eltern von Tommy und Annika würden ihren beiden Kindern sicher nicht erlauben, sich trotz Ausgangsbeschränkung mit dem unkonventionellen Nachbarmädchen zu treffen. Und das wäre ja auch nachvollziehbar und richtig. Und da Pippi bei aller Unangepasstheit ein großes Verantwortungsgefühl besitzt, würde sie sich vermutlich auch nicht darüber hinwegsetzen.
Trotz Ausgangsbeschränkung würde Pippi aber vermutlich kaum die Decke auf den Kopf fallen. Hätte sie doch ihre Mitbewohner Kleiner Onkel und Herr Nilsson, die nach bisherigen Erkenntnissen auch nicht unter die Abstandsregel fallen dürften. Die Villa Kunterbunt wäre also fast schon automatisch eines der geeignetsten Quarantäne-Domizile, die es gibt. Und da Astrid Lindgrens Bücherheldin eine überschäumende Phantasie besitzt, wäre sie vermutlich in ihrer Kreativität kaum zu bremsen.
Mit Pferde-in-die-Luft-stemmen würde sie wahrscheinlich locker kompensieren, dass das Fitnessstudio nicht geöffnet hat. Und mit Konrads Spezialkleber könnte sie, selbst wenn Besuch kommt, auch im kleinsten Raum mühelos die strengen Abstandsvorgaben einhalten. In jedem Fall gäbe es genügend Stoff für eine neue Pippi-Geschichte…
Weiter geht’s übermorgen mit dem kleinen Prinz!

Donnerstag, 16. April 2020

Bücherhelden in der Coronakrise

Corona bestimmt gerade unser ganzes Leben. Es bestimmt unsere Arbeit, unsere Freizeitaktivitäten, unser Einkaufsverhalten, unsere Nachrichtenthemen, die sozialen Medien… Keiner hat die Möglichkeit, sich nicht damit zu beschäftigen. Im Normalfall haben wir gerne mal die Tendenz, uns bei bestimmten Themen nicht angesprochen zu fühlen. Klimaschutz? Geht mich nichts an. Rechtsradikalismus? Betrifft mich nicht. Flüchtlingsströme? Zu weit weg. Altersarmut? Hat mit mir nichts zu tun.
Beim Problem Corona kann sich keiner so richtig raushalten. Die Jugend hat es eine gewisse Zeit hartnäckig versucht, doch jetzt muss auch sie erkennen, dass sie das Thema nicht ignorieren kann. Verantwortliche mancher Bundesländer und Staaten dachten eine Zeit lang, sie könnten das Virus von ihrer Region fern halten. Aber auch das hat sich als Trugschluss erwiesen.  
Die Romanhelden unserer Lieblingsbücher müssen sich im Gegensatz zu uns nicht mit dem Virus und seinen Folgen herumschlagen. Sie leben, zumindest was Corona betrifft, in einer „heilen Welt“, die wir uns gerade alle so sehr wünschen - eine Welt ohne Corona. Doch warum sollen wir es den Protagonisten unserer Lieblingsbücher so leicht machen?
Vielleicht können wir uns sogar das eine oder andere Patentrezept von ihnen abschauen, wenn wir uns kurz einmal überlegen, wie sie mit einer Coronakrise umgehen würden. Zumindest wäre eine solche Überlegung ein völlig neuer Blickwinkel auf die momentane Problematik. Und neue Blickwinkel sind immer einen Versuch wert, eventuell eine Chance für neue Impulse oder wenigstens ein bisschen unterhaltsam…
Deshalb viel Spaß in den nächsten Wochen mit meinen völlig fiktiven Spekulationen darüber, wie die Protagonisten unserer Lieblingsbücher mit der Coronakrise umgehen würden! Und vielleicht fällt Euch dazu ja auch noch was ein…
Los geht’s übermorgen mit Pippi Langstrumpf!