Vom
Obendrüber- und Untendrunter-Mundschutz
Ob
sich ein Hutzelmann aus dem Siebengiebelwald mit dem Coronavirus infizieren
könnte, wüsste wahrscheinlich nur ihr Erfinder Otfried Preußler. Leider können
wir ihn nicht mehr fragen.
Sollte
das Virus allerdings auch für Hörbe und seine Freunde eine Gefahr darstellen,
hätten sie vermutlich etwas, das im Kampf gegen eine Ansteckung von großem
Nutzen sein kann. Wahrscheinlich hat sogar in den vergangenen Wochen
hierzulande schon der eine oder andere eine ähnliche Konstruktion in Erwägung
gezogen.
Denn
wie der aufmerksame Hörbe-Leser weiß, hat der Hutzelmann einen Obendrüber- und
einen Untendrunterhut, die er übereinander trägt und für unterschiedlichste
Situationen wahlweise zusammen oder getrennt nutzen kann. Frei nach dem Motto
„doppelt genäht hält besser“.
Da
das doppelte Hutsystem für Hutzelmann Hörbe auf seiner Wanderschaft nicht nur
einmal zum Lebensretter wird, kann man sich vorstellen, dass auch eine
Corona-Abwandlung des Konzepts in Krisenzeiten hilfreich sein könnte. So könnte
man der Angst vor Ansteckung sicher auch mit einem Obendrüber- und einem
Untendrunter-Mundschutz begegnen.
Diejenigen,
die seit Wochen kritisieren, dass die meisten Materialien handelsüblicher
Masken zu dünn sind und zu wenig Schutz vor einer ausgestoßenen Virenwolke
bieten, müssten logischerweise eine solche Doppelvariante begrüßen. Das beweist
mal wieder, dass man von Kinderbuch-Helden für alle Lebenslagen so einiges
lernen kann…
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geht’s in Kürze mit Robin Hood!
Gretchenfrage
2.0
Obwohl
viele Menschen das Coronavirus sicher als „Teufelszeug“ bezeichnen würden,
könnte es den Pakt zwischen Goethes Faust und Mephisto wahrscheinlich
entscheidend behindern. Da Heinrich Faust als Gegenleistung für den Verkauf
seiner Seele vom Teufel die Zuneigung der jungen Margarete (Gretchen) fordert,
würde sich selbst Mephisto mit seinem Wetteinsatz in der Pandemie schwerer tun
als unter Normalbedingungen.
Zunächst
einmal lautete die weltberühmte „Gretchenfrage“ in Krisenzeiten wohl nicht „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?“.
Denn vermutlich gäbe es wichtigere Themen zu besprechen. Margarete würde Faust
wohl eher zu Beginn der Liaison Fragen stellen wie „Hast du es schon gehabt?“,
„Bist du getestet?“, „Wie hast du’s mit der Ausgangsbeschränkung?“, „Kannst du
mir Hefe besorgen?“ oder „Wo ist dein Mundschutz?“
Außerdem
kann sich unter coronabedingten Abstandsvorgaben wohl kaum so schnell eine
Tragödie entwickeln, wie Goethe sie in seinem Drama beschreibt. Immerhin wäre
es mit zwei Meter Abstand wohl kaum sofort zu einem Kuss zwischen Faust und
Margarete und damit nicht zum Sex und damit nicht zur Schwangerschaft und damit
nicht zum Kindsmord und damit nicht zur Verhaftung Gretchens und in der Folge
nicht zu ihrem Tod gekommen.
In
Zeiten von Corona ist es vermutlich deutlich schwerer eine neue Bekanntschaft
zu verführen als in virusfreien Zeiten. Immerhin gibt es da außer den allseits
bekannten Hinderungsgründen für einen One-Night-Stand (wie Aids,
Schwangerschaft, Syphilis, etc.) auch noch das Gegenargument Corona, was den
meisten zumindest momentan deutlich mehr Angst einjagt als alle anderen
unangenehmen "Nebenwirkungen".
Corona
hätte also unter Umständen Goethes Gretchen, wie auch schon dem jungen Werther
(siehe Artikel vom 12.Mai 2020), das Leben gerettet.
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geht’s in Kürze mit Hörbe!
Systemrelevanz
mal anders
Auch
Erich Kästners Freunde Pünktchen und Anton hätten es in einer Coronakrise nicht
gerade leicht. Allerdings würde die Arm-Reich-Kluft, die den bekannten
Kinderroman ursprünglich ausmacht, durch das Virus unter Umständen ein wenig
relativiert.
Anton
Gast und seine kranke Mutter leben am Existenzminimum, wobei der Junge die
beiden durch Arbeiten und Betteln mit Müh und Not über Wasser hält. Ob er unter
Coronabedingungen überhaupt irgendwo arbeiten könnte, ist fraglich. Und auch
die Frage, ob in einer solchen Krise genügend spendenfreudige Menschen auf der
Straße unterwegs sind, bei denen man wenigstens ein wenig Geld erbetteln kann,
könnte heutzutage wahrscheinlich nur jemand erschöpfend beantworten, der es selbst
erlebt hat.
Pünktchen,
Tochter aus reichem Fabrikantenhause, hätte also auch in der Coronakrise allen
Grund, ihrem mittellosen Freund finanziell unter die Arme greifen zu wollen. Ob
das allerdings gelingen würde, ist ebenso fraglich. Denn auch für das Mädchen
wäre es in Coronazeiten sicher deutlich schwieriger, Geld aufzutreiben.
Und
wie gut die väterliche Spazierstockfabrik die Krise überstehen würde, stünde
ebenfalls in den Sternen. Zumal sie wahrscheinlich keinesfalls systemrelevant
wäre und für Krisenverhältnisse absolute Luxusgegenstände herstellt. Wer kauft
schon einen Spazierstock, wenn er Angst um seinen Verdienst und die Versorgung
mit Lebensmitteln haben muss? Andererseits war Spazieren während der strengen
Ausgangsbeschränkung eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen, die erlaubt
waren. Also eventuell doch systemrelevant?
Pünktchen
und Anton würden sich demnach mit ihren Sorgen und Problemen unter Umständen
noch näher kommen, was ihre Freundschaft eventuell intensivieren könnte.
Allerdings hätten sie es ohne Pünktchens finanziell stabiles Elternhaus sicher
auch noch deutlich schwerer…
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geht’s in Kürze mit Faust!
#Zuhausebleiben
als Chance
Wie
sich eine Coronakrise heutigen Ausmaßes auf das Schicksal von Goethes Werther
ausgewirkt hätte, kann man nur vermuten. Doch im Vergleich zu anderen
Protagonisten der Weltliteratur hätte der Rechtspraktikant gute Chancen, durch
das Virus ein besseres Schicksal davonzutragen als in Goethes ursprünglichem
Briefroman. Das allerdings ist bei dem äußerst tragischen Ende Werthers,
nämlich Selbstmord, auch keine Kunst…
Eine
Coronakrise mit umfangreichen Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperre würde
sich vermutlich für Werther durchaus positiv auswirken, auch wenn er das sicher
nicht so empfinden würde. Da seine Angebetete Lotte mit ihm zu keinem Zeitpunkt
in einem Haushalt lebt, müssten sich die Kontaktmöglichkeiten auf ein Minimum
beschränken oder würden zeitweise sogar ganz wegfallen. Falls sich die beiden
sehen könnten, würde es aufgrund des geforderten Abstands weder zu Berührungen
noch zu Küssen oder ähnlichem kommen.
Da
aber derart intime Begegnungen mit Lotte im Roman wiederholt dazu führen, dass
sich Werther immer mehr in seine unglückliche Liebe hineinsteigert (was
letztendlich zu seinem Selbstmord führt), würde eine Coronakrise vermutlich
sein Leben retten. Ohne den regelmäßigen Kontakt zu Lotte (zumal ohne Telefon,
Handy, WhatsApp, etc.) würden sich seine Sehnsucht und die daraus resultierende
Depression wohl mit der Zeit wieder legen und er dadurch zurück ins Leben
finden. Da würde sich dann tatsächlich der allseits bekannte Spruch bewahrheiten,
dass alles Schlechte auch etwas Gutes an sich hat…
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geht’s in Kürze mit Pünktchen und Anton!
Damit
ich dich besser anstecken kann!
„Was
wäre, wenn…“ ist ein Spiel, das ab und zu ganz unterhaltsam sein kann. Auch
beim Grimmschen Märchen vom Rotkäppchen kann man ganz gut die verschiedenen
Handlungsmöglichkeiten durchspielen, die ein Setting in der Coronakrise bieten würde.
Zunächst
würde Rotkäppchen in Zeiten des Virus vermutlich überhaupt nicht von seiner
Mutter zur Großmutter geschickt werden, da von Experten aufgrund eines
schwerwiegenderen Krankheitsverlaufs bei älteren Menschen dringend von einem
Besuch der Enkel bei den Großeltern abgeraten wird. Wein und Kuchen würden also
wahrscheinlich von der Mutter selbst zur Oma gebracht, was ein Zusammentreffen
mit dem Wolf verhindern würde. Denn die Mutter weiß laut Gebrüder Grimm sehr
genau um die Gefahren beim Verlassen der Wege und warnt Rotkäppchen
ausdrücklich vor dem Wolf.
Würde
das Mädchen jedoch trotzdem zur Großmutter geschickt, zum Beispiel weil es die
Lebensmittel nur vor die Tür legen und in Zeiten strenger Ausgangsbeschränkung
einfach mal kurz aus dem Haus sein soll, sähe die Sache natürlich anders aus.
Rotkäppchen würde dem Wolf vermutlich genauso von der Großmutter erzählen, was bei
der Oma unweigerlich zum Gefressenwerden führen würde. Ein Wolf hat nämlich
keine Angst vor Corona…
Allerdings
würde Rotkäppchen den Wolf nicht im Bett der Großmutter vorfinden, so dass es
eventuell unversehrt nach Hause zurückkehren könnte. Wie allerdings das Schicksal
seiner Großmutter enden würde, darüber kann man nur spekulieren und bei einem
Märchen darf man das ja auch…
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geht’s in Kürze mit dem jungen Werther!
Virus
al dente
Über
ihren Dorfpolizisten Franz Eberhofer sagt Rita Falk, dass er mit Herz und Blut
Polizist ist. Es ist also zu vermuten, dass er in einer Coronakrise mit großem
Engagement über die Einhaltung der bayerischen Schutzbestimmungen wachen würde.
So würde er es sich sicher nicht nehmen lassen, unerlaubte Versammlungen und
Partys rigoros aufzulösen, sobald er davon erfahren würde. Und in einem kleinen
Ort wie Niederkaltenkirchen würde er mit Sicherheit davon erfahren…
Auch
die Einhaltung der Mundschutzpflicht und der notwendigen Hygienemaßnahmen in
den Geschäften, wie zum Beispiel in der Metzgerei Simmerl, würde er sich ohne
Zweifel auf die Fahne schreiben. Es gäbe in einer Coronakrise für Franz
Eberhofer also nicht gerade wenig zu tun. Zumal er sich wahrscheinlich auch ab
und zu um seine Oma kümmern müsste…
Denn
Eberhofers Oma hat eine absolute Vorliebe für Schnäppchen, weswegen sie
vermutlich in Krisenzeiten auch dem einen oder anderen Hamsterkauf nicht
abgeneigt wäre. So müsste sich ihr Enkel eventuell wohl oder übel mit ihren
Großeinkäufen an Klopapier, Mehl und Hefe herumschlagen. Dass sie vorsorglich
Riesenvorräte an Fertignudeln und Doseneintopf anlegen würde, ist dagegen
unwahrscheinlich. Denn gekocht wird in Krisenzeiten bei Eberhofers vermutlich
trotzdem noch selbst…
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geht’s übermorgen mit Rotkäppchen!
In
der dummen Quarantäne/sieht man nichts als Hobelspäne
„Vernunft
hat keine Unterkunft in der Koboldszunft!“ Dieses Pumuckl-Gedicht lässt für den
Kobold in einer Coronakrise nichts Gutes erahnen. Bei der Überlegung, wie es
Meister Eder und seinem Pumuckl in Zeiten von Corona wohl ergehen würde, stellt
sich natürlich zunächst die Frage, ob sich ein Kobold überhaupt mit dem Virus
infizieren könnte.
Aus
Ellis Kauts Geschichten um den kleinen Klabautermann wissen wir, dass er,
solange er unsichtbar ist, gegen so ziemlich alle Krankheiten und Verletzungen
immun ist. Wird er allerdings in Anwesenheit des Schreiners Eder sichtbar, so
drohen ihm die gleichen Gefahren wie uns Menschen. Deshalb erkältet er sich zum
Beispiel in der Folge mit dem Schnupfen oder verstaucht sich in einer anderen
Geschichte den Daumen…
Folglich
ist zu vermuten, dass sich der Pumuckl ebenfalls mit Corona infizieren könnte,
wenn er sichtbar ist. Allerdings wird er das nur, wenn er mit dem Meister Eder
allein ist, also mit der Person, mit der er in einem Haushalt lebt. Er könnte
sich demnach lediglich bei dem Schreiner anstecken. Und der würde, wie wir ihn
kennen, vermutlich vernünftig und diszipliniert mit den Kontakt- und
Abstandsregeln umgehen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass dem Pumuckl die
eigene Unvernunft zum Verhängnis werden könnte.
Leider
würde Meister Eder in Zeiten von Corona vermutlich die Schreinerei zunächst schließen
müssen - im bayerischen München unter den Augen des strengen Herrn Söder
allemal. Und dass er daraufhin einen Online-Dienst ins Leben rufen würde, wie
so mancher Unternehmer in diesen Tagen, ist wohl eher unwahrscheinlich.
Eventuell würden die Kunden ihre Aufträge telefonisch bei ihm loswerden,
reparaturbedürftige Möbel vor der Werkstatt abstellen und nach Lieferung die
Rechnung per Überweisung begleichen. Corona-Management analog, sozusagen…
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geht’s übermorgen mit Franz Eberhofer!
Arsen
und Spitzenwerte
Gustave
Flauberts Emma Bovary ist schon in der ursprünglichen Geschichte des Buches
wirklich nicht zu beneiden. Immerhin geht es ihr in der gesamten Romanhandlung
meistens nicht besonders gut, und sie endet außerdem denkbar tragisch, stirbt
nämlich sehr langsam und qualvoll. Was Madame Bovary allerdings in einer
Coronakrise zu erleiden hätte, mag man sich gar nicht allzu detailliert vorstellen.
Zum
einen erlebt die Arztgattin in ihrem eintönigen Ehealltag lediglich etwas
Abwechslung in verschiedenen Liebesaffären, die ihr bei Kontaktsperre und
Ausgangsbeschränkung noch schwerer möglich wären als ohnehin in der damaligen
Zeit. Sie müsste sich also mit ihrem Ehemann und der Tochter begnügen, weil sie
nur mit ihnen in einem Haushalt lebt. Das allerdings würde wahrscheinlich
unweigerlich zu nur noch größeren Depressionen führen, zumal ihr Mann als Arzt
durch die extremen Infiziertenzahlen wahrscheinlich kaum Zeit für ihre Wünsche
und Nöte haben würde.
Zum
anderen flüchtete sie sich in ihrer Verzweiflung in eine extreme Luxus- und
Kaufsucht, um sich wenigstens ein bisschen Freude zu gönnen. Das wäre aber in
Zeiten von Corona genauso wenig möglich wie Ehebruch, da die meisten Geschäfte
geschlossen wären. Vermutlich wäre Emma in Zeiten von Corona dann zur
exzessiven Amazon-Kundin geworden, was sie aber vermutlich kaum aus ihrer
Depression herausgeholt hätte. Der Griff zum Arsen wäre also wahrscheinlich
noch früher erfolgt als ohnehin schon. Deshalb ist die Frage kaum erschöpfend
zu beantworten, welches Schicksal für Madame Bovary das leichtere gewesen wäre
– ein Leben mit oder ohne Corona…
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geht’s übermorgen mit Pumuckl!