Samstag, 2. Mai 2020

Madame Bovary und Corona

Arsen und Spitzenwerte

Gustave Flauberts Emma Bovary ist schon in der ursprünglichen Geschichte des Buches wirklich nicht zu beneiden. Immerhin geht es ihr in der gesamten Romanhandlung meistens nicht besonders gut, und sie endet außerdem denkbar tragisch, stirbt nämlich sehr langsam und qualvoll. Was Madame Bovary allerdings in einer Coronakrise zu erleiden hätte, mag man sich gar nicht allzu detailliert vorstellen.
Zum einen erlebt die Arztgattin in ihrem eintönigen Ehealltag lediglich etwas Abwechslung in verschiedenen Liebesaffären, die ihr bei Kontaktsperre und Ausgangsbeschränkung noch schwerer möglich wären als ohnehin in der damaligen Zeit. Sie müsste sich also mit ihrem Ehemann und der Tochter begnügen, weil sie nur mit ihnen in einem Haushalt lebt. Das allerdings würde wahrscheinlich unweigerlich zu nur noch größeren Depressionen führen, zumal ihr Mann als Arzt durch die extremen Infiziertenzahlen wahrscheinlich kaum Zeit für ihre Wünsche und Nöte haben würde.
Zum anderen flüchtete sie sich in ihrer Verzweiflung in eine extreme Luxus- und Kaufsucht, um sich wenigstens ein bisschen Freude zu gönnen. Das wäre aber in Zeiten von Corona genauso wenig möglich wie Ehebruch, da die meisten Geschäfte geschlossen wären. Vermutlich wäre Emma in Zeiten von Corona dann zur exzessiven Amazon-Kundin geworden, was sie aber vermutlich kaum aus ihrer Depression herausgeholt hätte. Der Griff zum Arsen wäre also wahrscheinlich noch früher erfolgt als ohnehin schon. Deshalb ist die Frage kaum erschöpfend zu beantworten, welches Schicksal für Madame Bovary das leichtere gewesen wäre – ein Leben mit oder ohne Corona…
Weiter geht’s übermorgen mit Pumuckl!

 

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