Corona
ahoi!
Agatha
Christies Miss Marple kann ich mir (vor allem in der Verkörperung durch die
Schauspielerin Margaret Rutherford) sehr gut beim Tragen eines Mundschutzes
vorstellen. Zum einen würde die Atemschutzmaske ihr schrulliges Auftreten noch
unterstreichen, da zu vermuten wäre, dass sie ihn ab und zu (wie man es in
diesen Zeiten immer wieder sieht) unter der Nase oder auch am Kinn tragen
würde. Zum anderen würde das konsequente Tragen des Mundschutzes sicher auch einige
Möglichkeiten an ungewollten Ungeschicklichkeiten oder witzigen Slapstick-Einlagen
bereithalten.
Trotzdem
wäre das Ermitteln auf eigene Faust für Miss Marple in Coronazeiten sicherlich
nicht gerade einfach bis nahezu unmöglich. Mörder in ihrer Nähe könnten sich
also ins Fäustchen lachen. Immerhin würde die alte Dame in jedem Fall der
Risikogruppe 60plus angehören, was ihren Bewegungsradius extrem einschränken
würde. Und selbst wenn sich Miss Marple, was wir ihr sicher zutrauen, nicht im
Geringsten um irgendwelche Ausgangsbeschränkungen kümmern würde, so wäre es im
allgemeinen Shutdown wahrscheinlich deutlich schwerer, an Informationen und
Beweise zu kommen als sonst.
Miss
Marples extravagante und manchmal gewöhnungsbedürftige Art der Ermittlung
besteht ja gerne mal darin, sich unauffällig im Umfeld des Opfers aufzuhalten,
einzuschleusen oder sogar einzunisten. Das aber hätte in Zeiten des
Corona-Virus sicher bei kaum jemandem Anklang gefunden oder auch nur in
irgendeiner Form zum Erfolg geführt.
Schwere
Zeiten also für Agatha Christies Privat-Ermittlerin! Auch wenn mit Mr. Stringer
wohl eine Art Lebensgemeinschaft vorausgesetzt und demzufolge eine enge
Zusammenarbeit möglich gewesen wäre. Aber so ganz ohne Recherche und
Beweisaufnahme vor Ort wahrscheinlich doch meistens ziemlich erfolglos…
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geht’s in Kürze mit Max & Moritz!
Miau!
Mio! Miau! Mio! Shutdown mit allem Pipapo
Für
Heinrich Hoffmanns Struwwelpeter müsste eine Coronakrise das wahre Paradies
gewesen sein. Immerhin hat die Titelfigur des bekannten Buches eine extreme
Abneigung gegen Kamm und Schere, so dass ihm die wochenlange Schließung
sämtlicher Friseurläden und Kosmetikstudios vermutlich sehr gelegen gekommen
wäre. Nachdem heute nicht mehr so viele Eltern ihren Kindern selbst die Haare
schneiden, wäre er wahrscheinlich für einige Zeit von einem neuen Haarschnitt
verschont geblieben – besser geht’s nicht.
Auch
Paulinchens Schicksal wäre in Zeiten von Corona vermutlich ein anderes gewesen.
Denn dass sie in der Krise „allein zu Haus“ und „die Eltern beide aus“ wären,
ist extrem unwahrscheinlich bis utopisch. Schließlich bestand die Vorgabe, ohne
triftigen Grund zu Hause zu bleiben, über viele Wochen äußerst streng und auch
jetzt, in Zeiten der Lockerung, sind die Möglichkeiten einer ausgedehnten
aushäusigen Abendgestaltung nicht besonders reich gesät. Paulinchen hätte also
keinerlei Möglichkeit zu zündeln und wäre, wie Werther und Gretchen (siehe 12.
und 21.Mai 2020), vermutlich noch am Leben.
Auch
Hanns Guck-in-die-Luft und der fliegende Robert könnten in der Coronakrise auf
Rettung hoffen. Denn beide Schicksale, der Sturz ins Wasser und der Flug durch
den tosenden Sturm, hängen eng mit der Bewegung an der frischen Luft zusammen,
die in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen sicher nicht so einfach und ausgedehnt
und vor allem ohne Eltern möglich wären.
Anders
sieht es beim Daumenlutscher und beim Zappel-Philipp aus. Ersterer hätte
wahrscheinlich aufgrund mangelnder Betreuungsmöglichkeiten in Corona-Zeiten
noch mehr Gelegenheiten zum Lutschen als sowieso schon. Und letzterer wäre
wegen deutlicher Bewegungseinschränkung durch Ausgangsverbot vermutlich noch
zappeliger als ohnehin. Beide würden also ähnlich elend enden wie ohne das
Virus.
Würde
Heinrich Hoffmann heutzutage leben, so könnte er seiner Geschichtensammlung zum
Thema kindlicher Ungehorsam aber auf jeden Fall wunderbar die eine oder andere
Erzählung über mangelnden Abstand, Corona-Parties oder Mundschutzpflicht
hinzufügen…
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geht’s in Kürze mit Miss Marple!
Corona-Held
in Strumpfhosen
Von
sämtlichen Bücherhelden am meisten für die Coronakrise geradezu prädestiniert
scheint vermutlich Robin Hood, dessen Schicksal in unzähligen Varianten Eingang
in die Literaturgeschichte fand. Als kompromissloser Kämpfer für soziale Gerechtigkeit sowie
Rächer und Beschützer der Armen hätte der englische Räuberhauptmann in Zeiten
von Corona wahrscheinlich mehr denn je zu tun.
Denn
wie immer in (wirtschaftlich) schwierigen Phasen geht es den Kleinen deutlich
eher an den Kragen als den Großen. Firmen wie Lufthansa, Tui, Adidas oder
diverse Autokonzerne erhalten horrende Kredite oder Staatshilfen, kleinere
Unternehmen dagegen bleiben immer wieder auf der Strecke. In einer solchen
Situation wäre ein Retter wie Robin Hood wirklich Gold wert!
Welche
Wege der „König der Diebe“ finden würde, um den Kleinen auf Kosten der Großen
zu helfen, wissen wir nicht. Vermutlich ginge es dabei aber nicht mehr um die
klassischen Raubzüge im Sherwood Forest, sondern eher um digitale oder mediale
Aktionen, mit denen Robin Hood kleinen Unternehmen, Künstlern und alten
Menschen unter die Arme greifen würde. In der heutigen Zeit würde er mit seinem
Gerechtigkeitssinn, seiner Schlitzohrigkeit und seinem Widerstand gegen
Obrigkeiten im Internet sicher den einen oder anderen Treffer landen und so die
Armen und Hilflosen erfolgreich unterstützen können.
Unter
Umständen hätte er in der einen oder anderen Woche zu Beginn der Krise jedoch
auch mit ein paar klassischen Raubzügen für eine gerechtere Verteilung von
Klopapier, Trockenhefe oder Mehl gesorgt. In jedem Fall befinden wir uns
aufgrund von Corona mal wieder in einer Zeit, die für Robin Hood jede Menge
Betätigungsfelder bereithalten würde…
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geht’s in Kürze mit Struwwelpeter & Co.!