Dienstag, 30. Juni 2020

Miss Marple und Corona

Corona ahoi!

Agatha Christies Miss Marple kann ich mir (vor allem in der Verkörperung durch die Schauspielerin Margaret Rutherford) sehr gut beim Tragen eines Mundschutzes vorstellen. Zum einen würde die Atemschutzmaske ihr schrulliges Auftreten noch unterstreichen, da zu vermuten wäre, dass sie ihn ab und zu (wie man es in diesen Zeiten immer wieder sieht) unter der Nase oder auch am Kinn tragen würde. Zum anderen würde das konsequente Tragen des Mundschutzes sicher auch einige Möglichkeiten an ungewollten Ungeschicklichkeiten oder witzigen Slapstick-Einlagen bereithalten.
Trotzdem wäre das Ermitteln auf eigene Faust für Miss Marple in Coronazeiten sicherlich nicht gerade einfach bis nahezu unmöglich. Mörder in ihrer Nähe könnten sich also ins Fäustchen lachen. Immerhin würde die alte Dame in jedem Fall der Risikogruppe 60plus angehören, was ihren Bewegungsradius extrem einschränken würde. Und selbst wenn sich Miss Marple, was wir ihr sicher zutrauen, nicht im Geringsten um irgendwelche Ausgangsbeschränkungen kümmern würde, so wäre es im allgemeinen Shutdown wahrscheinlich deutlich schwerer, an Informationen und Beweise zu kommen als sonst.
Miss Marples extravagante und manchmal gewöhnungsbedürftige Art der Ermittlung besteht ja gerne mal darin, sich unauffällig im Umfeld des Opfers aufzuhalten, einzuschleusen oder sogar einzunisten. Das aber hätte in Zeiten des Corona-Virus sicher bei kaum jemandem Anklang gefunden oder auch nur in irgendeiner Form zum Erfolg geführt.
Schwere Zeiten also für Agatha Christies Privat-Ermittlerin! Auch wenn mit Mr. Stringer wohl eine Art Lebensgemeinschaft vorausgesetzt und demzufolge eine enge Zusammenarbeit möglich gewesen wäre. Aber so ganz ohne Recherche und Beweisaufnahme vor Ort wahrscheinlich doch meistens ziemlich erfolglos…
Weiter geht’s in Kürze mit Max & Moritz!

Freitag, 19. Juni 2020

Struwwelpeter & Co. und Corona

Miau! Mio! Miau! Mio! Shutdown mit allem Pipapo

Für Heinrich Hoffmanns Struwwelpeter müsste eine Coronakrise das wahre Paradies gewesen sein. Immerhin hat die Titelfigur des bekannten Buches eine extreme Abneigung gegen Kamm und Schere, so dass ihm die wochenlange Schließung sämtlicher Friseurläden und Kosmetikstudios vermutlich sehr gelegen gekommen wäre. Nachdem heute nicht mehr so viele Eltern ihren Kindern selbst die Haare schneiden, wäre er wahrscheinlich für einige Zeit von einem neuen Haarschnitt verschont geblieben – besser geht’s nicht.
Auch Paulinchens Schicksal wäre in Zeiten von Corona vermutlich ein anderes gewesen. Denn dass sie in der Krise „allein zu Haus“ und „die Eltern beide aus“ wären, ist extrem unwahrscheinlich bis utopisch. Schließlich bestand die Vorgabe, ohne triftigen Grund zu Hause zu bleiben, über viele Wochen äußerst streng und auch jetzt, in Zeiten der Lockerung, sind die Möglichkeiten einer ausgedehnten aushäusigen Abendgestaltung nicht besonders reich gesät. Paulinchen hätte also keinerlei Möglichkeit zu zündeln und wäre, wie Werther und Gretchen (siehe 12. und 21.Mai 2020), vermutlich noch am Leben.
Auch Hanns Guck-in-die-Luft und der fliegende Robert könnten in der Coronakrise auf Rettung hoffen. Denn beide Schicksale, der Sturz ins Wasser und der Flug durch den tosenden Sturm, hängen eng mit der Bewegung an der frischen Luft zusammen, die in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen sicher nicht so einfach und ausgedehnt und vor allem ohne Eltern möglich wären.
Anders sieht es beim Daumenlutscher und beim Zappel-Philipp aus. Ersterer hätte wahrscheinlich aufgrund mangelnder Betreuungsmöglichkeiten in Corona-Zeiten noch mehr Gelegenheiten zum Lutschen als sowieso schon. Und letzterer wäre wegen deutlicher Bewegungseinschränkung durch Ausgangsverbot vermutlich noch zappeliger als ohnehin. Beide würden also ähnlich elend enden wie ohne das Virus.
Würde Heinrich Hoffmann heutzutage leben, so könnte er seiner Geschichtensammlung zum Thema kindlicher Ungehorsam aber auf jeden Fall wunderbar die eine oder andere Erzählung über mangelnden Abstand, Corona-Parties oder Mundschutzpflicht hinzufügen…
Weiter geht’s in Kürze mit Miss Marple!

Donnerstag, 11. Juni 2020

Robin Hood und Corona

Corona-Held in Strumpfhosen

Von sämtlichen Bücherhelden am meisten für die Coronakrise geradezu prädestiniert scheint vermutlich Robin Hood, dessen Schicksal in unzähligen Varianten Eingang in die Literaturgeschichte fand. Als kompromissloser Kämpfer für soziale Gerechtigkeit sowie Rächer und Beschützer der Armen hätte der englische Räuberhauptmann in Zeiten von Corona wahrscheinlich mehr denn je zu tun.
Denn wie immer in (wirtschaftlich) schwierigen Phasen geht es den Kleinen deutlich eher an den Kragen als den Großen. Firmen wie Lufthansa, Tui, Adidas oder diverse Autokonzerne erhalten horrende Kredite oder Staatshilfen, kleinere Unternehmen dagegen bleiben immer wieder auf der Strecke. In einer solchen Situation wäre ein Retter wie Robin Hood wirklich Gold wert!
Welche Wege der „König der Diebe“ finden würde, um den Kleinen auf Kosten der Großen zu helfen, wissen wir nicht. Vermutlich ginge es dabei aber nicht mehr um die klassischen Raubzüge im Sherwood Forest, sondern eher um digitale oder mediale Aktionen, mit denen Robin Hood kleinen Unternehmen, Künstlern und alten Menschen unter die Arme greifen würde. In der heutigen Zeit würde er mit seinem Gerechtigkeitssinn, seiner Schlitzohrigkeit und seinem Widerstand gegen Obrigkeiten im Internet sicher den einen oder anderen Treffer landen und so die Armen und Hilflosen erfolgreich unterstützen können.
Unter Umständen hätte er in der einen oder anderen Woche zu Beginn der Krise jedoch auch mit ein paar klassischen Raubzügen für eine gerechtere Verteilung von Klopapier, Trockenhefe oder Mehl gesorgt. In jedem Fall befinden wir uns aufgrund von Corona mal wieder in einer Zeit, die für Robin Hood jede Menge Betätigungsfelder bereithalten würde…
Weiter geht’s in Kürze mit Struwwelpeter & Co.!