Dienstag, 30. September 2014

Mit welcher bekannten Literaturfigur hast du besonders viel Mitleid?

Mitleid haben kann man sicher mit einigen Literaturfiguren. Schließlich erzählen viele Bücher tragische Schicksale, die beim Leser vermutlich des Öfteren Mitleid mit den Opfern auslösen. Als ich mich für eine Figur entscheiden musste, fiel mir auf, dass ich besonders viel Mitleid mit denjenigen Protagonisten habe, die sich selbst in eine schwierige Situation gebracht haben. Denn ich glaube, einer der schlimmsten Gedanken bei einem Unglück ist, wenn man selbst dafür verantwortlich ist.
So ist es auch bei David Kern, dem Helden aus Martin Suters „Lila, Lila“. Am Ende des Buches hat er seine große Liebe verloren und muss erkennen, dass er das selbst verschuldet hat. Er hat sich durch das Manuskript, das er als sein eigenes ausgegeben hat, in eine Sache hineinmanövriert, die außer Kontrolle geriet. Natürlich konnte er das zu Beginn nicht wissen. Aber er wusste, dass er einen Betrug begeht. Und konnte der Versuchung trotzdem nicht wiederstehen. Am Ende bekommt er die Quittung, gnadenlos.
Zusätzlich zum Verlust seiner großen Liebe muss David erkennen, dass es eventuell nicht so weit hätte kommen müssen. Dass er angelogen wurde, und auch deshalb das Ganze aus dem Ruder lief. Jacky, der ihn unter Druck setzte, hatte bei weitem nicht so viel gegen ihn in der Hand wie er dachte. Er hätte sich also vermutlich leichter von ihm lösen können als gedacht. Und seine Freundin dadurch vielleicht auch nicht so sehr verärgert.
Solche Gedankenspiele bringen David und auch keinem realen Menschen im Nachhinein irgendetwas. Trotzdem denkt man sie. Und gerade das erregt mein Mitleid. Weil der Gedanke, dass man etwas nicht nur falsch gemacht hat, sondern vielleicht sogar hätte ändern können, bestimmt das Unglück nicht verringert, sondern vermutlich vergrößert.
Mein Kandidat für den Posten eines bemitleidenswerten Bücherhelden: David Kern. Und Deiner?

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