Freitag, 23. März 2018

Von Jakob Heym und "Fake News"

Eine Romanfigur, die sicher vielen von uns bereits in der Schulzeit begegnet ist, ist Jakob Heym aus Jurek Beckers Buch „Jakob der Lügner“. Auch sie dürfte den meisten positiv in Erinnerung geblieben sein und ist in Zeiten von Donald Trump und sozialen Netzwerken vielleicht aktueller denn je. Und das obwohl Jakobs „Fake News“ im Gegensatz zu den meisten unserer Falschmeldungen deutlich erfreulichere Auswirkungen haben.
Um den mit ihm in einem Ghetto lebenden Menschen Hoffnung auf Besserung zu geben, behauptet Jakob, ein Radio zu besitzen. Da das im Ghetto verboten ist, bringt er sich mit dieser Lüge in Gefahr, vor allem als sich die Nachricht vom Radio wie ein Lauffeuer verbreitet. Jakob beweist also großen Mut, um anderen zu helfen.
Mit seinen angeblichen Informationen vom Vormarsch der Russen und der dadurch nahenden Befreiung des Ghettos bewirkt Jakob, dass die in Lethargie Verfallenen wieder neuen Lebensmut schöpfen und die Heißblütigen weniger Risiko eingehen. Er übernimmt also durch das bewusste Lügen Verantwortung für das Leben anderer. Sein unauffälliges, fürsorgliches und gewissenhaftes Wesen unterstützt ihn dabei.
Sehr bald trägt er schwer an dieser Verantwortung, die sich im Grunde über die gesamte Einwohnerschaft des Ghettos erstreckt. Jeder baut auf Jakob und sein Radio. So bleibt ihm nichts anderes übrig als immer weiter zu lügen, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. Das Leben vieler Menschen liegt sozusagen in seinen Händen.
Dass er mit seiner Verantwortung nicht leichtfertig umgeht, zeigt sich in den Zweifeln und Gewissensbissen, die ihn immer wieder plagen. Dadurch unterscheidet er sich ganz deutlich von Donald Trump und Konsorten, die genau das offensichtlich gar nicht kennen. Das Bewusstsein der eigenen Verantwortung für andere Menschen, Tiere, Pflanzen, etc. ist etwas, das in unserer Welt immer wieder fehlt.
Jakob aber übernimmt Verantwortung. Er hat das nicht geplant oder gewollt, jedoch als es soweit ist, macht er keinen Rückzieher, sondern stellt sich seiner Verantwortung. Dieses Verhalten kann auch fast 50 Jahre nach Erscheinen des Romans noch als Vorbild dienen.

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