Der Gymnasiallehrer Raat aus Heinrich Manns „Professor Unrat“ ist auch zu Beginn des Romans beileibe kein sympathischer Mensch. Er ist ein besonders strenger Lehrer, hat sich mit seinem Sohn überworfen und sieht die Schüler als seine Feinde an. Trotzdem hat er ein gewisses Ansehen und wird im Ort als Professor geschätzt und gefürchtet.
Durch den Kontakt mit der Tänzerin Rosa Fröhlich aus dem Vergnügungslokal „Der blaue Engel“ verändert sich Manns Protagonist total, dreht sich sozusagen um hundertachtzig Grad. Zunächst macht er sich wiederholt lächerlich, weil ihn die gute Dame nahezu mühelos dazu bringt, dass er immer wieder gegen seine hehren Prinzipien verstößt. Die Meinung der anderen ist ihm dabei auf einmal gar nicht mehr wichtig, wodurch ihm vielleicht ein wenig das Korrektiv fehlt.
Natürlich schmeichelt ihm das scheinbare Interesse der attraktiven Tänzerin, auf die auch seine Schüler ganz scharf sind. Doch übertreibt er es dabei so sehr, dass ihm immer weniger bewusst ist, wie sie ihn manipuliert. Seine negative Entwicklung ist also von außen herbeigeführt, was aber nichts daran ändert, dass er sie zulässt beziehungsweise forciert.
Das führt so weit, dass er aus dem Schuldienst entlassen wird, der eigentlich sein Leben ausgemacht hat. Er heiratet Rosa, die seinen finanziellen Ruin herbeiführt und ihn letztendlich vor allen unmöglich macht. Schließlich wird er aus Eifersucht straffällig und verhaftet. Tiefer kann ein ehemals geachteter Mann nicht sinken, oder?
Mein Kandidat für den Posten eines sich negativ entwickelnden Bücherhelden: Professor Raat. Und Deiner?
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