Sonntag, 16. März 2014

Von Shakespeare und dem Kampf um die Frau (Teil II)

Weiterhin im Interview: Willi Graser, 34 Jahre, Landschaftsarchitekt aus München und Nebenfigur des Romans „Verliebt und zugenäht!“ (Teil I des Interviews vorgestern)

Von Emma weiß ich, dass Ihre Berufsphilosophie sehr speziell ist. Können Sie mir das genauer erklären?

Was heißt da „speziell“? Als Landschaftsarchitekt kann ich nur mit der Natur und nicht gegen sie arbeiten. Dazu muss ich mich in sie hineindenken können, um sie mit meiner Arbeit nicht zu vergewaltigen. Man muss wissen, welche Pflanzen zusammenpassen und wo sie sich wohlfühlen. Dabei darf man natürlich auch nicht die Tiere außer Acht lassen, die in diesen Pflanzen leben. Das ist bei einem Großprojekt genauso wichtig wie bei jedem privaten Garten. Und sei er noch so klein.

Und wie machen Sie das?

Zunächst einmal sind dafür natürlich bestimmte Kenntnisse notwendig. Form und Entwicklung einer Landschaft sind nämlich nicht dem Zufall überlassen, sondern das Ergebnis besonderer Gesetze, die sich aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Geofaktoren ergeben. Geofaktoren sind Boden, Vegetation, Struktur, Wasserhaushalt, Klima. Dazu kommen die Gestaltung des Verkehrs sowie die Art und Weise, wie das Land genutzt wird und die Aktivitäten der Baubranche geplant sind.

Und was heißt das?

Um die Landschaft zu verstehen, muss sie typisiert werden, denn ähnliche Wirkungsgefüge haben ähnliche Landschaften zum Ergebnis. Die Landschaftssystematik sortiert die unterschiedlichen Landschaftstypen in einem hierarischen System. Der Landschaftsarchitekt beschäftigt sich da mit Landschaftsökologie, Bodenkunde und Pflanzensoziologie. Man muss allerdings auch ein Gespür für das Zusammenspiel der Pflanzen und Elemente haben. Und zwar sowohl optisch als auch funktionell.

Also ist Ihre Arbeit äußerst kreativ?

Das auch, aber eben nicht nur. Kreativität allein reicht nicht aus. Was nützt es der Natur, wenn ich außergewöhnliche Pfanzen besonders einfallsreich kombiniere, wenn die Bodenbeschaffenheit oder das Klima nicht dazu passt? Das kann nicht funktionieren. Und dann bin ich auch ein absoluter Verfechter von landschaftlich geprägter Natürlichkeit.

Und was bedeutet das?

Manche würden ihrem Park oder Garten am liebsten vorschreiben, wann er wo wieviel wachsen darf. Alles muss möglichst symmetrisch und clean aussehen. Dass Bäume im Herbst ihre Blätter verlieren, passt da natürlich nicht ins Konzept. Aber der Mensch sollte die Natur nicht nach seinen Vorstellungen ummodeln, sondern sich mit seinen Vorstellungen nach den Gesetzen der Natur richten. Schließlich geht es nicht darum, dass alles hübsch adrett aussieht, sondern darum, dass Lebewesen, die Pflanzen und Tiere sind, ein gutes und gesundes Dasein führen. Der Mensch kann sich nicht alles so hinbasteln wie er es gerne hätte.

Fortsetzung folgt...

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